ALS ist die häufigste Form von Motoneuronerkrankung, aber häufig wird sie zu spät oder falsch diagnostiziert. Die Untersuchung auf spezielle Proteine im Blut könnte bei der Diagnosefindung helfen, zeigen nun schwedische Forscher.
Die amyotrophe Lateralsklerose, besser bekannt unter ihrem Kürzel ALS, ist eine chronisch-degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die zum Verlust von Nervenzellen in Rückenmark und Gehirn führt und mit Atrophie der Skelettmuskulatur einhergeht. Die meisten Patienten sterben innerhalb von 2 bis 4 Jahren nach Auftreten der ersten Symptome; es sind jedoch auch Fälle mit einer längeren Überlebensdauer bekannt. Mehrere genetische Mutationen wurden bereits mit ALS in Verbindung gebracht; die Ursachen der Krankheit sind bis heute jedoch nicht vollständig aufgeklärt. Bisher gibt es keine kurative Behandlung. Allerdings hat sich gezeigt, dass ein Medikament das Überleben der ALS-Patienten verlängern kann, sofern rechtzeitig mit der Therapie begonnen wird.
Umso wichtiger ist also eine schnelle Diagnose bereits im frühen Stadium der Erkrankung. Da andere Krankheiten der ALS im Frühstadium ähneln können, besteht aber selbst nach längerer Untersuchung das Risiko einer Fehldiagnose. Einer aktuellen Studie von Forschern der Universität Göteborg und der Universität Umeå zufolge könnten Bluttests eine genauere Diagnose ermöglichen.
Dabei wird der Blutspiegel von Neurofilamenten gemessen, welche bei einer Verletzung des Nervensystems in die Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor) und – in geringerer Konzentration – auch in das Blut austreten. Frühere Studien konnten bereits zeigen, dass bei ALS im Vergleich zu anderen neurologischen Erkrankungen eine höhere Konzentrationen von Neurofilamenten im Liquor vorliegt. Die Messung im Blut gestaltete sich aufgrund der niedrigen Konzentrationen bisher noch schwierig. Neue und empfindlichere Analysemethoden haben jedoch in den letzten Jahren neue Möglichkeiten geschaffen.
Die aktuelle Studie zeigt einen starken Zusammenhang zwischen der Menge der Neurofilamente in Blut und Liquor mit der ALS. Die Studie basiert auf Blut- und Liquorproben von 287 Patienten, die zur Untersuchung einer möglichen Motoneuronerkrankung an die Abteilung für Neurologie des Universitätsklinikums Umeå überwiesen worden waren. Bei 234 dieser Patienten wurde nach umfangreichen Untersuchungen ALS diagnostiziert. Im Vergleich zu den Patienten, bei denen keine ALS diagnostiziert wurde, fielen signifikant höhere Mengen an Neurofilamenten in Liquor und Blut auf.
Es konnten dabei auch Unterschiede zwischen verschiedenen Subtypen der ALS festgestellt werden. Patienten, deren Krankheitssymptome im Kopf- und Halsbereich begannen, wiesen höhere Neurofilamentkonzentrationen im Blut und ein schlechteres Überleben auf als die Patienten, deren Krankheit in den Armen oder Beinen begann. Im Rahmen der Studie gelang es nun, die Unterschiede in den Blutspiegeln von Neurofilamenten und das Überleben für die beiden häufigsten Mutationen, die mit ALS in Verbindung gebracht werden, zu quantifizieren.
Arvin Behzadi, Co-Erstautor der Studie: „ALS-Verdachtsfälle durch einen Bluttest zu finden, eröffnet völlig neue Möglichkeiten der Vorsorge und die Messung von Neurofilamenten im Blut erlaubt eine einfachere Quantifizierung von Behandlungseffekten in klinischen Arzneimittelstudien im Vergleich zur Liquoruntersuchung. Die Entdeckung der ALS in einem frühen Stadium der Krankheit kann eine frühere Verabreichung von Medikamenten ermöglichen, bevor die Muskeln verkümmert sind.“
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Universität Göteborg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Joel Filipe, unsplash.