Eine Marburger Arbeitsgruppe forscht seit Jahren an den Vorgängen des programmierten Zelltods und warum dieser bei bestimmten Krankheiten nicht greift. Nun hat das Team bedeutende Berichte veröffentlicht und den Weg für Therapien geebnet.
Normalerweise werden genetisch entartete Zellen von einem zellulären Programm – der Apoptose – zur Selbstzerstörung gebracht. Der programmierte Zelltod kann jedoch bei bestimmten Entzündungs- und Krebserkrankungen gestört sein: Die Zellen entkommen dann dem Mechanismus und teilen sich weiterhin. Eine Forschungsgruppe der Universität Magdeburg beschäftigt sich seit einigen Jahren intensiv mit den molekularen Vorgängen der Apoptose und mit möglichen Therapien.
Nun hat das Team zwei neue Übersichtsarbeiten veröffentlicht, die wichtige Forschungsergebnisse zum Verständnis der Regulation des Rezeptors CD95/Fas im Signalweg des programmierten Zelltods liefern. Dieser Rezeptor löst den zellulären Selbstmord aus. In einer ersten Publikation befassen sich die Wissenschaftler mit Mutationen von CD95 bei dem Autoimmun-Lymphoproliferativen Syndrom (ALPS), einer seltenen angeborenen Krankheit, bei der das Abwehrsystem fehlgesteuert und die Anzahl der Lymphozyten erhöht ist. Dabei wurden Mutationen von CD95, sowie deren Einfluss auf die strukturellen Aspekte thematisiert und diskutiert.
Die zweite Übersichtsarbeit thematisiert die Rolle des Proteins c-FLIP, welches den programmierten Zelltod in Krebszellen reguliert. Dieses Protein ist in Krebszellen in höheren Mengen als in gesunden Zellen vorhanden, was zur Hemmung des programmierten Zelltods führen kann. In dieser Publikation wurden hoch moderne Ansätze präsentiert, wie c-FLIP durch niedermolekulare Verbindungen (sogenannten small molecules), sowie miRNAs oder Histon-Deacetylase (HDAC) Inhibitoren gehemmt werden kann, um Krebszellen effizienter zu töten.
Prof. Lavrik erklärt: „Das Verständnis der dreidimensionalen Struktur von Schlüssel-Proteinen innerhalb des programmierten Zelltods wie CD95 und c-FLIP eröffnet neue Wege für die Entwicklung innovativer therapeutischer Strategien. In dieser Hinsicht stellen die neuen Technologien der Strukturmodellierung und des rationalen strukturbasierten Wirkstoffdesigns einen enormen Vorteil dar. Diese Methoden ermöglichen die Entwicklung von 3D-Strukturmodellen und somit Vorhersagen über molekulare Wechselwirkungen innerhalb von Proteinkomplexen. CD95 und c-FLIP übernehmen eine zentrale Rolle bei Entzündungs- und Krebserkrankungen, weshalb die Analyse ihrer molekularen Mechanismen unter strukturellen Gesichtspunkten neue Perspektiven zur Entwicklung therapeutischer Medikamente eröffnet.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin Magdeburg. Hier findet ihr die erste und hier die zweite Originalpublikation.
Bildquelle: Priscilla Du Preez, unsplash.