Eine Krebsdiagnose, die möglichen Folgen einer Therapie und die Angst vor einer Wiederkehr oder Verschlechterung der Krankheit können für Patient:innen extrem belastend sein.1 Die Inzidenz von seelischen Leiden ist daher unter Krebspatient:innen deutlich erhöht im Vergleich zur Normalbevölkerung.2 Unbehandelt können sich psychische Probleme sogar negativ auf die Krebstherapie auswirken und zu einer geringeren Therapietreue, schlechterer Prognose und verminderter Lebensqualität führen.3,4 In Zeiten der COVID-19-Pandemie kommen neue Sorgen hinzu: Immunsuppression durch Krebstherapeutika, mögliche Komorbiditäten und erforderliche Krankenhausaufenthalte bergen ein zusätzliches Risiko einer COVID-19-Infektion.5
Eine brandaktuelle Arbeit aus Spanien zeigt: Während der COVID-19-Pandemie kann es besonders häufig zu seelischen Beeinträchtigungen kommen. Forschende fanden in einer prospektiven Kohortenstudie heraus, dass unter 401 Patient:innen, bei denen eine fortgeschrittene Krebserkrankung neu diagnostiziert wurde, 36 % an Ängsten und 35 % an Depressionen litten.6 Darüber hinaus wurden bei 29 % bzw. 17 % erste Symptome festgestellt.6 Insgesamt traten emotionale Störungen häufiger auf bei Frauen. Vor allem bei Patient:innen unter 65 Jahren und Patient:innen mit einer geschätzten Prognose von über 18 Monaten.6
Die Autoren schlussfolgern daher, dass vor allem während der Pandemie ein frühes professionelles psychoonkologisches Assessment nach der Diagnose einer fortgeschrittenen Krebserkrankung notwendig ist, um negativen Folgen für die Therapie vorzubeugen.6 Dies gelte im Besonderen für jüngere Frauen mit einer längeren Überlebensprognose.6
Eine erste Anlaufstelle für Unterstützung können zum Beispiel verschiedene Selbsthilfegruppen sein. Diese bieten meist Seminare oder Gesprächskreise an, in denen sich Patient:innen mit anderen Betroffenen über ihre Erkrankung austauschen können oder bieten Informationen, die den Umgang mit der Erkrankung erleichtern können. Auf den Websites des Selbsthilfe-Bunds Blasenkrebs e. V. und des Bundesverbands Prostatakrebs Selbsthilfe e. V. sind beispielsweise spezielle Angebote bei uroonkologischen Erkrankungen verfügbar. Auf den Websites können Betroffene auch Kontakte zu lokalen Selbsthilfegruppen finden.
Darüber hinaus sollten Betroffene professionelle Unterstützung wahrnehmen. Das Portal Psychoonkologie Online bietet erste Online-Angebote, in denen Patient:innen geholfen wird, ihre seelische Belastung einzuschätzen. Dort können außerdem passende psychoonkologische Hilfsangebote in der Nähe gefunden werden. Auch über die Datenbank des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) lassen sich über 600 Adressen von psychotherapeutischen Ansprechpartner:innen finden, die eine von der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. anerkannte Weiterbildung in der Begleitung von Krebspatient:innen absolviert haben.
Auch Universitätskliniken und Krankenhäuser mit spezialisierten onkologischen Abteilungen bieten häufig psychoonkologische Unterstützung an. Patient:innen können sich ggf. auf den entsprechenden Websites über Angebote informieren oder direkt von ihrem behandelnden Arzt oder Ärztin an diese Stellen verwiesen werden.
Derartige Angebote bieten Hilfe, wenn die Krebsdiagnose den Alltag beherrscht und die Psyche belastet. Die Kosten werden in der Regel nach Antrag von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn der/die psychoonkologische Therapeut:in über eine kassenärztliche Zulassung verfügt.7
Referenzen:
ONC_2022_0012_DE | Erstellt im Februar 2022