Ein Oberflächenmolekül auf den Sternzellen der Leber ist ein möglicher Angriffspunkt, um in den Prozess der Leberfibrose einzugreifen. Schaltet man den Rezeptor aus, reduziert sich nicht nur das Leberfibrose-Ausmaß, sondern es verbessert sich auch die Regeneration der Leberzellen.
Eine Arbeitsgruppe um Professor Hellmut Augustin vom Deutschen Krebsforschungszentrum konnte ein neues Molekül auf Sternzellen in der Leber nachweisen, das maßgeblich an der Entstehung der Leberfibrose beteiligt ist. Die Wissenschaftler entdeckten auf der Oberfläche der hepatischen Sternzellen das Protein Endosialin, das die hepatischen Sternzellen aktiviert und damit auch die Produktion von Narbengewebe fördert. Genetisch veränderte Mäuse, denen Endosialin fehlte, entwickelten nach anhaltender Leberschädigung deutlich weniger Leberfibrose als ihre Artgenossen, die noch Endosialin produzieren konnten. Überraschenderweise reduzierte der Verlust von Endosialin nicht nur die Narbenbildung und die Aktivierung der hepatischen Sternzellen, sondern verbesserte gleichzeitig auch die Regenerationskapazität der verbliebenen Leberzellen, ohne dabei jedoch zu einem überschießenden Leberwachstum zu führen. Endosialin kann also das kritische Gleichgewicht zwischen Narbenbildung und Leberregeneration beeinflussen. Endosialin scheint auch beim Menschen eine Rolle bei der Leberfibrose zu spielen: Die Wissenschaftler prüften Proben von gesundem Lebergewebe und Lebergewebe mit unterschiedlich stark ausgeprägter Leberfibrose bis hin zur Zirrhose auf den Gehalt an Endosialin.
„Endosialin wird vor allem in der frühen, aktiven Phase der Leberfibrose sehr viel stärker produziert“, erläutert Carolin Mogler, die Erstautorin der Arbeit. „Viele Moleküle werden nach Leberschädigung in veränderter Konzentration hergestellt, aber das Ausmaß, in dem Sternzellen die Endosialinproduktion steigern, hat uns sehr überrascht. Diese Befunde helfen zu verstehen, wie Leberfibrose entsteht.“ Die Erkenntnisse der Grundlagenforschung sind noch weit von einer klinischen Anwendung entfernt. Ein Antikörper, der Endosialin blockiert, wird jedoch gegen bestimmte Tumorerkrankungen bereits klinisch erprobt. Mit ihren weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler prüfen, ob dieser Antikörper auch bei anderen Erkrankungen, etwa der Leberfibrose, von therapeutischem Nutzen sein könnte. Originalpublikation: Hepatic stellate cell expressed Endosialin balances fibrogenesis and hepatocyte proliferation during liver damage. Carolin Mogler et al.; EMBO Mol Med, doi: 10.15252/emmm.201404246; 2015