Auf der Seite des RKI lese ich plötzlich, dass der Genesenenstatus schon nach 3 statt 6 Monaten abläuft. Wie kann es sein, dass wir Ärzte von solchen einschneidenden Veränderungen nicht im Vorfeld erfahren?
Überraschung aus dem Bundesgesundheitsministerium: Wer wann und wie oft geimpft werden müsse, solle von nun an niemand außer dem RKI entscheiden, verkündete unser Minister. Man würde natürlich Änderungen zeitnah kommunizieren, aber bitte keine eigenen Entscheidungen mehr treffen.
„Ist doch gut, dass das nun die Experten entscheiden!“, meinte ich zunächst, aber dann dachte ich ein bisschen über den Tellerrand hinaus: Schließlich sind die Folgen dieser Impfempfehlungen (oder sind es nun Anordnungen? Eher das!) gravierend, was das berufliche und soziale Leben angeht! Kann man sich da als zuständiger Minister so nonchalant aus der Verantwortung ziehen? Ist nicht unsere Regierung mit verantwortlich für das Wohlergehen ihrer Bürger?
Die zweite Überraschung kam schon am nächsten Tag so heimlich, dass ich selber nur zufällig davon erfuhr, weil ich auf der RKI-Seite etwas anderes suchte. Plötzlich stand da, dass man ab sofort nicht mehr sechs, sondern nur noch drei Monate nach positivem PCR-Test als genesen gilt. Das war eine so einschneidende Veränderung, dass ich es nicht fassen konnte, davon weder in irgendwelchen politischen Bulletins, geschweige denn in den Nachrichten gehört zu haben. War das diese „Kommunikation“, die man uns versprochen hatte?
Ich stellte mir vor, wie sparsam all jene schauen würden, die plötzlich wieder einer Test- oder gar einer Impfpflicht unterliegen, weil sie ohne diese am Arbeitsplatz sonst unwillkommen wären, und ich fragte mich, wann und unter welchen Umständen diese Änderung ihnen wohl bekannt würde. In unserer Praxis trudelte immerhin Dienstag eine Information der kassenärztlichen Vereinigung ein, aber ich möchte wetten, dass so einige Betroffene jetzt noch nicht wissen, dass sie sich nun um einen Booster kümmern müssen!
Unser Impfkalender ist diese Woche noch gefüllt, aber in der nächsten gibt es schon deutliche Lücken. Kollegen bei Twitter schreiben, dass teilweise nur ein Viertel ihrer Termine für jetzt anliegende Impfaktionen vergeben seien.
Sollte der Tweet nicht angezeigt werden, bitte Seite aktualisieren.
Sind denn wirklich alle schon versorgt, die versorgt sein wollen, oder haben wir einfach ein Überangebot geschaffen? Dann brauchen wir ja wenigstens die Tierärzten und Apotheker nicht mehr vor den Impfkarren zu spannen! Aber wir schauen mal, was passiert, wenn all die seit 3 Monaten Genesenen merken, dass sie offiziell gar nicht mehr genesen sind. Das gibt dann wieder mehr zu tun, aber mit Sicherheit auch Unverständnis und Ärger.
Wer muss das dann (er)klären? Ich habe da so einen Verdacht.
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