In Deutschland werden die Kapazitäten für PCR-Tests knapp. Schuld ist die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante. Müssen wir unsere Teststrategie anpassen?
Die Omikron-Variante lässt die Infektionszahlen in Deutschland in die Höhe schnellen. Das verlangt den Laboren viel ab, denn sie müssen immer mehr PCR-Tests durchführen – aber ist das ein Grund zur Sorge? Wie die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) vergangene Woche berichteten, liegt die Auslastung der Testkapazität der Labore bundesweit bei etwa 64 Prozent. Die Positivrate steige ebenfalls stetig an und liege derzeit bei 23,4 Prozent.
„Die Belastung in den Laboren ist zwar erheblich, aber ich sehe keinen Grund für zu große Sorgen“, erklärt Dr. Michael Müller, Vorsitzender der ALM, zuversichtlich. „Die Labore haben schon mehrere Male solche Situationen gemeistert und sind gut vorbereitet.“ Vielmehr komme es bei zunehmendem Testgeschehen und begrenzten Testkapazitäten darauf an, die nationale Teststrategie wieder stärker in den Fokus zu nehmen und tatsächlich umzusetzen, meint Müller.
In der nationalen Teststrategie des RKI wird die Priorisierung bestimmter Personengruppen bei begrenzter Testkapazität geregelt. Die Priorisierung sieht die folgende Reihenfolge vor:
Sollte Deutschland diese Strategie auch weiterhin fahren? Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Infektiologie und Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, spricht sich dafür aus, die Testkapazitäten „intelligent einzusetzen“. Um die Krankenhäuser nicht zu überlasten, müssten besonders die vulnerablen Gruppen geschützt werden. Auch in der essentiellen Infrastruktur müsse getestet werden, sodass „nicht auf einmal alle Polizisten einer Wache ausfallen“, sagt Denkinger.
Ähnlich sieht es auch Prof. Hajo Zeeb, Leiter der Abteilung Prävention und Evaluation am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), in Bremen: „Bei Erreichen der Kapazitätsgrenze ist zu überlegen, dass für kritische Infrastrukturen einschließlich der Schulen Vorrang geschaffen wird.“ Für Quarantäne- und Isolationsentscheidungen könnten möglicherweise auch weniger sensitive Tests eingesetzt werden. Zwar sei es angesichts der unspezifischen Symptome schwierig, ohne Testung darüber entscheiden, meint Zeeb. Doch er würde „trotz der etwas geringeren Aussagekraft zwei Antigenschnelltests an aufeinanderfolgenden Tagen zum Beenden der Isolation/Quarantäne befürworten, so wie es auch in Großbritannien gemacht wird.“
Mit Blick auf eine womöglich bald beginnende endemische Lage ist allerdings fraglich, ob die Testkapazitäten überhaupt weiterhin so hoch gehalten werden müssen. Zeeb erklärt dazu: „Auf längere Sicht – insbesondere, wenn wir in eine endemische Lage mit vergleichsweise geringen Häufigkeiten schwerer Erkrankungen kommen – wird sicher seltener getestet werden, insbesondere anlassloses Testen wird dann vermutlich nicht mehr erfolgen.“
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