Die Dame vor meinem HV-Tisch möchte einen Tablettenteiler – für ihr Pantoprazol. Ich bin irritiert und frage nochmal nach. Und freue mich am Ende, wie sich das Gespräch entwickelt.
Eine gut 50-jährige Frau betritt die Apotheke. In der Hand hält sie ein Rezept. Die Maske sitzt.
„Guten Tag“, sagt sie und legt mir das Rezept auf den HV-Tisch.
„Guten Tag“, erwidere ich, nehme das Rezept entgegen und schiebe es in den Scanner.
Pantoprazol. 40 Milligramm. 100 Stück. Das Programm sucht einen Rabattpartner heraus und ich akzeptiere die Auswahl. Ein lautes Rumpeln ist zu hören und einen kleinen Moment später spuckt der Kommissionierautomat das Arzneimittel aus. Ich gehe zum Ausgabefach und entnehme die Tabletten. Kurz darauf stehe ich wieder an meinem HV-Tisch.
„So, hier sind sie.“ Ich werfe einen Blick auf das Rezept, um einerseits zu kontrollieren, ob es auch die richtigen Tabletten sind, die das Programm herausgesucht hat und andererseits, ob sie die Tabletten ein oder zwei Mal täglich einnehmen muss. Doch auf dem Rezept steht nur „Dj“. Danke für nichts.
„Sie wissen Bescheid, wie Sie die Tabletten einnehmen müssen?“
„Der Arzt meinte das vorletzte Mal, ich solle jeden Morgen eine halbe Tablette eine Stunde vor dem Frühstück einnehmen. Da die sich aber so schlecht mit dem Messer teilen lassen, wollte ich Sie noch nach einem Tablettenteiler fragen.“
„Sind Sie sicher, dass Sie ihn nicht falsch verstanden haben? Eine ganze Tablette eine halbe Stunde vor dem Frühstück würde mehr Sinn ergeben. Pantoprazoltabletten haben einen magensaftresistenten Überzug, der zerstört wird, wenn man die Tabletten teilt. Dadurch geht der Wirkstoff kaputt, wodurch sie nicht mehr wirken können.“
„Ich wollte ihn tatsächlich heute eigentlich fragen, ob ich nicht eine ganze nehmen darf, da sie nicht so gut wirken. Aber ich habe heute nur ein neues Rezept abgeholt und nicht mit ihm gesprochen.“
„Wenn Sie mir die Erlaubnis erteilen, kann ich Ihren Arzt gerne anrufen, und das mit ihm klären.“
„Das ist nett, aber ich glaube, ich gehe lieber selbst noch einmal hin und spreche mit ihm von Angesicht zu Angesicht.“
„In Ordnung. Aber grundsätzlich dürfen Tabletten ohne Kerbe nicht geteilt werden. Ein Grund dafür kann, wie bei Ihren Tabletten, der magensaftresistente Überzug sein. Es gibt aber auch Retardtabletten, da besteht die Gefahr, dass der komplette Wirkstoff auf einmal freigesetzt wird, der eigentlich über den Tag verteilt freigesetzt werden sollte, wenn Sie die Tablette teilen. Das kann dann durchaus gefährlich werden.“
„Okay, danke, dass Sie mir das sagen. Das hat mir noch nie jemand gesagt! Ich werde in Zukunft dann nur noch Tabletten teilen, die eine Kerbe haben.“ Ich muss etwas schmunzeln, da das zwar eine logische Schlussfolgerung aus den Informationen sein könnte, es aber leider dann doch etwas komplizierter ist. Warum sollte auch mal etwas einfach sein?
„So leicht ist das leider nicht, da es auch Tabletten mit Kerben gibt, die nicht teilbar sind.“ Sie schaut mich verwundert an und runzelt dabei die Stirn.
„Aus welchem Grund sollte eine Tablette sonst eine Kerbe haben?“
„Zur Zierde oder zur besseren Unterscheidbarkeit. Das sind dann sogenannte Schmuckkerben.“
„Das ist doch verrückt!“
„Ja, ist es irgendwie.“
Ich erkläre weiter: „Es gibt außerdem noch Tabletten mit Kerbe, die man zwar teilen darf, die allerdings nicht die gleiche Menge an Wirkstoff in den beiden Hälften haben.“
„Was soll das denn bringen?“
„Das soll das Schlucken erleichtern. So kann man die Tablette einfach halbieren und schluckt erst die eine Hälfte und dann die andere. Wenn man sie gleich nacheinander schluckt ist es natürlich egal, ob in beiden Hälften die selbe Menge an Wirkstoff enthalten ist.“
„Wie soll man denn da noch durchblicken?“
„Am besten sagen Sie einfach in der Apotheke Bescheid, dass Sie die Tabletten teilen müssen, falls die Dosierung nicht auf dem Rezept steht. Es schadet nicht, das auch dann zu erwähnen, wenn es draufsteht. Hin und wieder kann es vorkommen, dass das in der Apotheke übersehen wird. Ansonsten können Sie im Beipackzettel gucken, ob Ihre Tabletten teilbar sind, oder aber online.“
„Okay. Vielen Dank für die Beratung! Ich würde trotzdem bei der Gelegenheit noch gerne einen Tablettenteiler kaufen.“
„Gerne. Das ist bei Tabletten, die man teilen darf, sowieso immer die beste Option, falls man sie nicht mit dem Finger verlustfrei teilen kann. Mit einem Messer entstehen Krümel, die natürlich auch Wirkstoff enthalten, der dann nicht aufgenommen wird. Bei manchen Arzneimitteln kann das einen großen Unterschied machen.“
„Danke!“
„Gerne!“
Manchmal ist es eben doch einfach.
Le Fin.
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