Die momentan kursierende H3N2-Variante des Influenzavirus ist gegenüber dem Grippeimpfstoff leicht verändert und entspricht nicht dem Stamm, der im letzten Jahr vorhergesagt wurde. Die Folge: Eine stärker verlaufende Grippewelle. Der Höhepunkt wird noch erwartet.
Der Grippeimpfstoff dieser Saison wirkt offenbar nicht optimal. Bei einem der drei derzeit zirkulierenden Virustypen müsse mit einer schwächeren Wirksamkeit gerechnet werden, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Prof. Dr. Klaus Schughart, Leiter der Abteilung „Infektionsgenetik“ und Prof. Dr. Carlos Guzmán, Leiter der Abteilung „Vakzinologie“ am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig äußern sich zur aktuellen Lage und den Hintergründen.
In den vergangenen Wochen gingen Schlagzeilen wie „Grippe: Eine Impfung schützt nicht so gut wie früher“, „Grippewelle rollt an: Grippeviren breiten sich aus“ oder „Impfstoff bereitet Probleme: Tausende Deutsche kämpfen mit der Grippe“ durch die Medien. Grund für die schwächere Wirksamkeit ist eine in diesem Jahr kursierende H3N2-Variante, die gegenüber dem Impfstoffvirus leicht verändert ist. „Der Influenzastamm für die Herstellung des Impfstoffs wird im vorausgehenden Jahr bestimmt. Hierfür wird eine Voraussage auf Basis des Vorjahres und den zu dem Zeitpunkt kursierenden Influenzaviren getroffen. Die Voraussagen sind meistens sehr gut, nur leider nicht immer“, sagt Schughart. Und das, obwohl sich die Vorhersage auf Daten aus über 100 nationalen Referenzlaboratorien in der Welt auf die WHO bezieht. Auf Basis dieser wird dann nach Beratung mit Experten der Stamm für die Herstellung des Impfstoffs ausgewählt. „Trotz aller Bemühungen bleibt es schwer, die genauen Influenza-Subtypen, gegen die der Impfstoff wirken muss, so weit im Voraus schon zu bestimmen“, sagt Guzmán. „Wir müssen also weiter an besseren Methoden für die Vorhersagen arbeiten und darüber hinaus nach neuen Impfstoffen suchen, die Schutz gegenüber allen Influenza-A-Typen bieten.“
Für dieses Jahr ist das zu spät und es muss mit einer stärkeren Grippewelle gerechnet werden als in den vergangenen Jahren. „In den USA ist die Grippewelle bereits vorbei und das dort kursierende Virus scheint stärkere Symptome zu verursachen, als in vorangegangenen Epidemien“, sagt Schughart. „In Deutschland steht der Gipfel noch bevor. Wir müssen aber mit einem ähnlichen Verlauf rechnen“. Bereits in den vergangenen Wochen ist die Zahl der Influenzainfektionen in Deutschland stark gestiegen, der Höhepunkt wird aber erst in den kommenden drei Wochen erwartet. Obwohl der aktuelle Impfstoff nicht so effektiv ist wie erhofft, sind sich die HZI-Forscher einig, dass eine Impfung dennoch empfehlenswert ist. "Teilweiser Schutz ist besser als keiner. Daher sollte man sich dennoch impfen lassen, auch wenn die Impfung gegen einen Stamm weniger gut schützt, als erwartet", sagt Guzmán. „Außerdem schützt der diesjährige Impfstoff gegen mehrere Viren– das saisonale H1N1-, das Influenza-B-Virus und das besagte H3N2-Virus. Eine gute Schutzwirkung gegen die H1N1- und Influenza-B-Viren ist gegeben“, ergänzt Schughart.