Einige Blutdrucksenker könnten dabei helfen, Diabetes vorzubeugen. In einer Metaanalyse zeigte sich, dass vor allem ACE-Hemmer und AT1-Blocker hilfreich in die gefährliche Kaskade des metabolischen Syndroms eingreifen.
Das metabolische Syndrom ist in den Industrieländern weit verbreitet. Es bezeichnet die unglückliche Allianz von Hypertonie, Typ-2-Diabetes, erhöhten Lipidwerten und Übergewicht. Im englischen Sprachgebrauch ist auch von den „Deadly Four“ – den „tödlichen Vier“ die Rede.
Bereits 2010 wurde die Prävalenz in Deutschland mit 22 % angegeben, also jeder Vierte bis Fünfte war betroffen. Zwischenzeitlich liegt es nahe, dass sich die Prävalenz nochmal erhöht hat. Denn laut Daten des RKI ist die Diabetesprävalenz in Deutschland zwischen 2003 und 2009 von 6,8 % auf 9,3 % bei Frauen bzw. von 5,4 % auf 8,2 % bei Männern gestiegen.
Auch die Prävalenz der Adipositas hat zumindest in den jüngeren Altersgruppen deutlich zugenommen: In der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre stieg sie von 2010 bis 2014/2015 bei Frauen von 5,5 % auf 9,7 % und bei Männern von 5,4 % auf 8,9 %.
Umso wichtiger ist es, das Zusammenkommen der vier Hauptrisikofaktoren zu vermeiden. Eine aktuelle Metaanalyse kam zu einer überraschenden Erkenntnis: Die Bluthochdrucktherapie hat das Potenzial, die Entstehung von Typ-2-Diabetes zu unterdrücken.
„Diese prophylaktische Wirkung ist insofern von großer Bedeutung, weil die meisten Betroffenen es nicht schaffen, die eigentliche Ursache, das Übergewicht, abzubauen. Womöglich hat die Bluthochdrucktherapie das Potenzial, die gefährliche Kaskade des metabolischen Syndroms zu unterbinden oder zumindest relevant aufzuhalten“, so die Hoffnung von Prof. Ulrich Wenzel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.
In der Metaanalyse wurden 22 randomisierte Studien mit 145.939 Teilnehmern ausgewertet. Personen, die zu Studieneinschluss einen beginnenden Diabetes aufwiesen, wurden nicht mit ausgewertet. Die Analyse teilte die Personen in zwei Gruppen: jene, die Blutdruckmedikamente erhalten hatten und jene, die Placebo erhalten hatten. Bei den Therapiestudien im Head-to-Head-Vergleich wurde die Kontrollgruppe mit niedrigeren Zielwerten der Placebogruppe zugeordnet. Nach einem Follow-up von im Median 4,5 Jahren wurde bei 9.889 der Teilnehmer ein Diabetes mellitus neu diagnostiziert – bei 4.332 der behandelten Patienten und bei 5.551 in der Vergleichsgruppe.
Der Unterschied war signifikant, es zeigte sich ein um 11 % geringeres Diabetesrisiko unter Bluthochdrucktherapie bei Senkung des systolischen Blutdrucks um 5 mm Hg. Der Effekt war bei allen Studienteilnehmern zu beobachten, auch wenn er im Trend bei übergewichtigen Patienten sogar noch etwas ausgeprägter war (bei Personen mit einem BMI über 30 betrug die Risikoreduktion 17 %, bei jenen mit einem BMI über 35 sogar 21 %). „Diese Effekte sind beachtlich, zumal man im Hinterkopf behalten muss, dass es keine reinen Placebostudien waren, die in die Auswertung mit eingingen. Hier hatten viele Patientinnen und Patienten der Kontrollgruppe auch eine medikamentöse Blutdrucksenkung erhalten, wenn auch eine weniger intensive. Dennoch war das Ergebnis deutlich“, so der Bluthochdruckexperte.
Die Metanalyse untersuchte auch, welche Medikamentenklassen besonders mit einer Reduzierung des Diabetesrisikos korrelierten. Im Ergebnis zeigte sich, dass ACE-Hemmer und AT1-Blocker besonders potent waren und das Risiko um 16 % reduzierten. „Das ist enorm – fast jeder fünfte Diabetesfall kann also durch die Blutdrucksenkung mit einer dieser beiden Präparate in einer Hochrisikopopulation verhindert werden“, betont Wenzel.
Zwar handelt es sich um eine Metaanalyse ohne Beweiskraft und prospektive Studien müssten die Ergebnisse validieren. Dennoch spricht sich die Deutsche Hochdruckliga dafür aus, bei Hypertonikern mit einem hohen Risiko für Typ-2-Diabetes, z. B. aufgrund von Übergewicht, bevorzugt diese beiden Substanzklassen einzusetzen. „Angesichts der hochdynamischen Diabetesrate in unserer Gesellschaft müssen wir das prophylaktische Potenzial ausschöpfen. Beide Substanzen gehören ohnehin zur Standardtherapie von Bluthochdruck und ihr Einsatz wird in den Leitlinien als Mittel der ersten Wahl empfohlen“, so Wenzel abschließend.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Hochdruckliga. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Michael Starkie, Unsplash