Eine 42-Jährige kommt mit Bauchschmerzen und Fieber ins Krankenhaus. Die Ärzte vermuten eine Cholezystitis, doch im CT fehlt davon jede Spur.
Eine 42-jährige Frau kommt mit supraumbilikalen Bauchschmerzen, Fieber und Rigor in die Notaufnahme eines Krankenhauses in London. Diese Symptome bestehen seit etwa 2 Tagen. In ihrer medizinischen Vorgeschichte sind Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und obstruktive Schlafapnoe bekannt. 9 Monate zuvor hatte sich die Patientin wegen eines lokalisierten Empyems einer videoassistierten thorakoskopischen Operation (VATS) unterzogen.
In der körperlichen Untersuchung stellen die Ärzte eine Druckempfindlichkeit des Oberbauches fest. Eine Messung der Vitalparameter ist alarmierend, denn die Patientin befindet sich im Schockzustand, ist tachykard und hypoxisch mit einer Sauerstoffsättigung von 92 % bei Raumluft. Erste Blutuntersuchungen ergeben eine Leukozytenzahl von 29,2 x 10^9/l, ein Laktat von 0,8 mmol/l, ein C-reaktives Protein von 348 mmol/l und eine alkalische Phosphatase von 175 mmol/l. Die übrigen Blutwerte sind normwertig.
Aufgrund dieser Konstellation vermuten die Ärzte eine intraabdominelle Sepsis als Folge einer akuten Cholezystitis. Doch eine CT von Thorax, Abdomen und Becken zeigt einen leichten Pleuraerguss links sowie ein subkapsuläres Milzhämatom, eine Milzhypodensität und eine lineare Hyperdensität, die den oberen vorderen Pol der Milz durchquert.
Doch woher kommen diese Veränderungen?
Die Ärzte vermuten einen Fremdkörper in der Milz.
Aufgrund einer Penicillinallergie beginnen sie eine antibiotische Behandlung mit Teicoplanin, Ciprofloxacin und Metronidazol. Eine Pleuradrainage bleibt erfolglos, doch die Ärzte können das Milzhämatom drainieren und anschließend das Material zur mikrobiologischen Untersuchung einsenden. So lässt sich eine Infektion mit Streptococcus anginosus identifizieren. Dieser ist zwar empfindlich für Teicoplanin, doch merkwürdigerweise sind die Entzündungsmarker auch nach 7 Tagen Behandlung noch nicht rückläufig. Im Gegenteil - das CRP steigt weiter bis auf einen Spitzenwert von 548 mmol/l.
Nach Rücksprache mit dem Krankenhaus, in dem die Patientin wegen des Empyems behandelt wurde, steht fest: Der Fremdkörper muss schon vorher da gewesen sein, denn in den Kulturen der Empyemflüssigkeit waren Staphylococcus aureus und S. anginosus gewachsen, und auf dem präoperativen CT war keine Pathologie der Milz, jedoch der Fremdkörper zu erkennen.
Frühere Krankenhauseinweisungen oder Operationen verneint die Patientin. Über den Hausarzt kann außerdem eine psychiatrische Ursache ausgeschlossen werden. Da die Patientin nach wie vor symptomatisch ist, erwägen die Ärzte eine Not-Splenektomie, welche sie vorher noch in einer multidisziplinären Konferenz besprechen wollen.
Glücklicherweise fallen am 10. Behandlungstag endlich die Entzündungsmarker und auch die Bauchschmerzen der Patientin werden weniger, sodass die OP vom Tisch ist und die konservative Behandlung mit intravenösen Antibiotika für 3 Wochen fortgesetzt werden kann. Anschließend wird auf eine weitere 3-wöchige ambulante Behandlung mit Linezolid umgestellt und eine Kontroll-CT angemeldet. Darauf sieht die Milz wieder normal aus - der Fremdkörper ist jedoch noch an Ort und Stelle.
Zu weiteren Kontrollterminen in der Klinik ist die Patientin nicht mehr erschienen.
Text- und Bildquelle: Turner et al. / Journal of Surgical Case Reports
Bildquelle: Victor Serban / Unsplash