Macht ein Hund in Zeiten von Corona und Lockdown tatsächlich glücklicher? Auch wenn jeder Hundebesitzer wahrscheinlich sofort zustimmen würde: So einfach ist es nicht.
Die COVID-19-Pandemie versetzt die Welt seit 2 Jahren in einen Ausnahmezustand. Neben ökonomischen und körperlichen Auswirkungen, machten sich die Pandemie und die damit zusammenhängenden Schutzmaßnahmen auch psychisch bei vielen Menschen bemerkbar. In Deutschland schafften sich, vor allem zu Lockdown-Zeiten, besonders viele Menschen ein Haustier an – mit am beliebtesten: Hunde. Aber wie gut helfen Hunde wirklich bei der Bewältigung psychisch herausfordernder Zeiten wie der aktuellen? Das haben Wissenschaftler aus den USA im letzten Winter untersucht. Ihre Ergebnisse veröffentlichte die Arbeitsgruppe nun in PLOS ONE.
Die Psychologin Sandra A. Lyn und ihr Team verglichen in ihrer Erhebung Menschen, die gerne einen Hund hätten mit Hundebesitzern und teilten die Befragten in diese zwei Gruppen auf. Alle Probanden nahmen an einer Online-Befragung teil und wurden nach ihrer Aufteilung nach Geschlecht, Alter, Wohnort sowie nach wahrgenommenen negativen Auswirkungen der Pandemie auf ihre Finanzen, Gefühle, Gesundheit und Lebensweise gematched. Die Befragungen wurden im November 2020 sowie im Februar 2021 durchgeführt und schlossen 768 Hundebesitzer sowie 767 Menschen ein, die keinen Hund besaßen.
Insgesamt gaben 33 % der Teilnehmer an, dass ihre Gesundheit im Zeitraum der Pandemie beeinträchtigt wurde. Bei 45 % hatte die Pandemie Einfluss auf die persönliche finanzielle Lage. Ihre Gefühlslage sahen 67 % der Befragten in den letzten zwei Jahren beeinträchtigt und 72 % vermerkten, dass ihr Lebensstil teils stark durch die Pandemie beeinträchtigt wurde.
Im Durchschnitt hatten Hundebesitzer tatsächlich niedrigere Werte auf der CES Depression Scale (M = 12,41; SD = 14,25) als die Probanden, die keinen Hund besaßen (M = 14,06; SD = 14,86). Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war statistisch signifikant, die Effektstärke war jedoch gering. Bei den Werten, die zur Beurteilung von Ängsten erhoben wurden, konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den Hundebesitzern und der anderen Gruppe ermittelt werden. Auch bei den Werten zum Glücksempfinden gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Glückswerten der Hundebesitzer und der Gruppe ohne Hund.
Einen weiteren signifikanten Unterschied gab es außerdem: In der Erhebung gaben Hundebesitzer an, signifikant mehr soziale Unterstützung zu erfahren, als die Gruppe ohne Hund. Die durchschnittliche Punktzahl der Hundebesitzer auf der MSPSS-Skala (Multidimensional Scale of Perceived Social Support) lag bei 5,48 (SD = 1,23), bei den Personen ohne Hund lag sie bei 5,34 (SD = 1,28). Die Effektstärke war auch hier gering.
In einer Ex-Post-Facto Betrachtung untersuchten die Autoren den Zusammenhang zwischen dem Besitz eines Hundes und empfundener sozialer Unterstützung mit den Werten für Depression, Ängste und Glücksempfinden und teilten hierfür die Gruppen nach empfundener sozialer Unterstützung auf (gering, mittel, hoch). Es ergab sich eine Korrelation zwischen der empfundenen sozialen Unterstützung und den anderen Werten bei Hundebesitzern und Menschen ohne Hund. Die Autoren schreiben: „Eine statistische Analyse der Daten war aufgrund der großen Unterschiede in der Anzahl der Teilnehmer bei den angegebenen Werten für soziale Unterstützung nicht möglich (n= 77 in der niedrigen Gruppe, n= 420 in der mittleren Gruppe und n= 1.032 in der hohen Gruppe).“
Erwähnenswert sei jedoch, dass die Werte für Depression der Teilnehmer mit geringer wahrgenommener sozialer Unterstützung fast dreimal so hoch waren wie die Werte der Teilnehmer mit hoher wahrgenommener sozialer Unterstützung (30 vs. 10). Auch die Werte auf der GAD-7 Skala für die Erfassung von Ängsten waren etwa 2,5-mal höher bei Befragten mit als gering empfundener sozialer Unterstützung als die der Teilnehmer, die von hoher wahrgenommener sozialer Unterstützung berichteten (9,6 vs. 3,7). Auch bei den Werten für Glücksempfinden zeigte sich diese Tendenz (2,8 vs. 4,3).
Sind Hundebesitzer nun in Pandemiezeiten glücklicher als Menschen ohne Hund? So eindeutig lässt sich das leider nicht sagen. Die Ergebnisse der amerikanischen Arbeitsgruppe konnten zwar zeigen, dass Hundebesitzer signifikant niedrigere Werte für Depression aufwiesen als Menschen ohne Hund, in Punkto Ängste oder Glück unterscheiden sie sich jedoch nicht. Hundebesitzer berichteten außerdem über ein deutlich höheres Maß an wahrgenommener sozialer Unterstützung. Dieses stärkere Gefühl von sozialer Unterstützung half möglicherweise dabei, negative psychologische Auswirkungen der COVID-19-Pandemie abzufangen.
Die Studienlage bezüglich eines Zusammenhangs von Ängsten oder Depressionen mit dem Besitzen eines Hundes ist insgesamt sehr durchwachsen und nicht eindeutig. Die Autoren schreiben selbst in der Diskussion ihrer Ergebnisse: „Die meisten Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen dem Besitzen von Haustieren und Glücksempfinden sowie verwandten Konzepten wie Lebensqualität, Wohlbefinden oder Lebenszufriedenheit fanden keine Unterschiede zwischen Haustierbesitzern und Nicht-Haustierbesitzern.“ Faktoren wie Aktivität, Ernährung, Schlaf, Stressbewältigung, Vermeidung von Drogenkonsum und soziale Kontakte (einschließlich Haustierbesitz) beeinflussen aber den Autoren zufolge die Ausprägung von Depressionen, Ängsten und Glücksempfinden. Ihre relative Bedeutung herauszuarbeiten, erweise sich jedoch als schwierig.
Am Ende ihrer Veröffentlichung schreiben Lyn und ihre Kollegen: „Es sind noch weitere Arbeiten erforderlich, um den Zusammenhang zwischen Haustieren und sozialer Unterstützung als Modulatoren des Wohlbefindens der Besitzer besser zu verstehen.“ Hierbei solle vor allem auf eine möglichst vielfältige und repräsentative Studienpopulation geachtet werden.
Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Braydon Anderson, unsplash