Fachverbände fordern: Während der vierten Corona-Welle dürfen planbare, aber notwendige OPs für Patientinnen mit heilbaren Tumorleiden nicht untersagt werden – ansonsten drohen lebensverkürzende Konsequenzen.
Die gynäkologischen Fachgesellschaften befürworten alle sinnvollen Maßnahmen, um die Pandemie einzudämmen und den Kampf gegen das SARS-CoV-2-Virus zu gewinnen. So müssen die Krankenhäuser aufgrund von aktuellen Vorgaben elektive Eingriffe und Behandlungen verschieben und Intensivbetten, Beatmungsplätze sowie personelle Ressourcen für COVID-19-Erkrankte freihalten. Sie appellieren jedoch dringend, die Kapazitäten für planbare, aber zeiteilige gynäkologische Operationen in erforderlichem Umfang und unter strenger Indikationsstellung weiter aufrechtzuerhalten.
Zum Hintergrund: Die aktuellen Entwicklungen im Rahmen der 4. Welle führen aktuell zu einem bedrohlichen Engpass bei den Kapazitäten für notwendige gynäkologische Operationen. Ein einseitiges Priorisierungssystem hat insbesondere für betroffene Patientinnen mit Krebsdiagnose lebensverkürzende Konsequenzen. Deshalb dürfen die notwendigen operativen Therapien für dringlich zu behandelnde Patientinnen nicht untersagt werden.
Patientinnen mit schwerwiegenden Krankheitsbildern müssen den gleichen Anspruch auf akute Versorgung wie COVID-19-Patienten haben. Das gleiche gilt auch für Patientinnen mit akuten Beschwerden wie Schmerzen oder starken gynäkologischen Blutungen.
Tatsächlich sind onkologische Operationen oder Eingriffe bei symptomatischen Patientinnen zwar keine Notfälle im eigentlichen akuten Sinne; dennoch müssen sie innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens von wenigen Tagen oder Wochen erfolgen, will man die Leidenszeit nicht verlängern und Heilungschancen nicht verpassen. Hierzu zählt selbstverständlich auch die notwendige zeitnahe medikamentöse Therapie. „Maligne Befunde, Präkanzerosen, abklärungsbedürftige und/oder symptomatische Befunde unseres Fachgebiets (Brust, innere und äußere Genitale) zählen aus unserer Sicht nicht zu den sogenannten elektiven Indikationen bzw. Eingriffen. Im Übrigen schließen wir uns der Sicht der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie an“, so die gynäkologischen Fachgesellschaften.
„Bei einer Verschärfung der Situation und extremen Engpässen in der Versorgung müssten die Operationen unter Umständen nicht nur nach der Dringlichkeit, sondern auch nach prognostischen Kriterien kategorisiert werden“, so Prof. Anton J. Scharl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
„Wir verweisen hier insbesondere auf eine Feststellung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom März 2020, dass die Entscheidung selbstverständlich ausschließlich den behandelnden Ärztinnen und Ärzten vor Ort obliegt“, sagt Prof Dr. Jens-Uwe Blohmer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. (AGO). Für Prof. Sara Brucker, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V. (DGS), liegt die Betonung hier „zurecht auf den behandelnden Ärztinnen und Ärztinnen“. Aus ihrer Sicht sei die Lage in den Kliniken momentan so prekär, wie nie zuvor in dieser Pandemie. Die Mediziner stünden Tag für Tag vor der schwierigen Entscheidung, welche Patienten sie innerhalb der verfügbaren Kapazitäten behandeln können und müssen.
Der Appell der gynäkologischen Fachgesellschaften lautet: Um zu verhindern, dass sich unsere Patientinnen mit heilbaren Tumorleiden oder akuten Erkrankungen durch ein einseitiges Priorisierungsmodell zu Palliativfällen mit unumkehrbar lebensverkürzenden Diagnosen oder chronischen Erkrankungen entwickeln, empfehlen wir dringend, die Kapazitäten für dringliche Operationen und Interventionen insbesondere in den gynäkologischen Kliniken weiter aufrechtzuerhalten.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) in Zusammenarbeit mit weiteren gynäkologischen Fachgesellschaften.
Bildquelle: Diana Polekhina, unsplash