In den USA stirbt ein kerngesunder Mann nach einem Zeckenstich. Die Centers for Disease Control and Prevention isolieren ein völlig unbekanntes Virus. Zur Verbreitung können Forscher momentan nichts sagen. Sie rufen Ärzte und Apotheker jedoch auf, wachsam zu sein.
Das tragische Ende einer Wanderung: Wissenschaftler der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) berichten jetzt von einem erwachsenen Mann ohne Vorerkrankungen. Auf einer Wanderung im Spätfrühling 2014 wurde er von mehreren Zecken gebissen, schenkte dem Vorfall aber keine große Bedeutung. Kurze Zeit später litt er an Durchfall und allgemeinem Krankheitsgefühl. Kopf-, Glieder- und Gelenkschmerzen kamen mit hinzu. Er stellte sich am dritten Tag in seiner Arztpraxis vor. Der Mediziner tippte auf einen bakteriellen Infekt – und schickte den Patienten mit einem Doxycyclin-Rezept in die Apotheke. Die Pharmakotherapie schlug nicht an.
Schließlich blieb nur, den Erkrankten stationär aufzunehmen. Ärzte standen vor einem Rätsel: Tests auf Ehrlichiose, auf Lyme-Borreliose oder auf das Rocky-Mountains-Fleckfieber verliefen negativ. Seltene Erkrankungen wurden ebenfalls ausgeschlossen. Am elften Tag starb der Patient an Multiorganversagen – und Wissenschaftler des CDC schritten zur Tat.
Sie fanden im Elektronenmikroskop Partikel mit starken morphologischen Hinweisen auf ein Orthomyxovirus. Erbgut-Analysen brachten weitere Überraschungen: Die Ähnlichkeit zum genetischen Material des Dhori-Virus aus der Familie Orthomyxoviridae betrug lediglich 70 Prozent – zu anderen Spezies gab es noch stärkere Abweichungen. Grund genug für J. Erin Staples vom CPC, von einer separaten Spezies zu sprechen: dem Bourbon-Virus. Offen bleibt, warum es zu derart schweren Symptomen gekommen ist. Verwandte Pathogene lösten in nur sieben dokumentierten Fällen eine Meningitis oder Enzephalitis aus. Leukopenien und Thrombozytopenien traten nicht auf, könnten aber typisch für das neue Bourbon-Virus sein, so Staples weiter. Ärzte sollten auf Alarmsymptome wie hohes Fieber nach einem Zeckenstich achten. Forscher planen jetzt Antikörpertests, um das neue Pathogen nachzuweisen.
Die wissenschaftliche Arbeit hat auch Schwachstellen. Beispielsweise versäumten es Forscher, den Leichnam des Patienten zu obduzieren. Welche Gewebe das neue Bourbon-Virus befällt, ist damit ungeklärt. Im zweiten Schritt wird zu klären sein, ob bekannte Virustatika einen Effekt zeigen.