Noch gibt es keine Rohrreiniger-Tabletten für verstopfte Raucherbein-Gefäße. Im schlimmsten Fall muss das Bein ab. Eine ziemlich ernste Sache – wie viel Humor ist also erlaubt?
„Es rumpelt so schön dumpf, wenn das Bein in die Tonne fällt!“
„Bitte was?“, dachte ich, als ich den Kollegen mit dem schwärzesten Humor das zum ersten Mal sagen hörte. Darf man überhaupt so denken? Amputation sind immer schlimm, für alle. Wo sind die Grenzen?
Ein großer Teil der Gefäßchirurgie beschäftigt sich mit pAVK. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist eine generalisierte arteriosklerotische Erkrankung der Gefäße. Sie betrifft, wie der Name schon sagt, vor allem die Extremitäten. Im Volksmund als Raucherbein bekannt, sind die Ursachen eine genetische Prädisposition, aber vor allem das Rauchen. Auch Bluthochdruck, Cholesterin und Diabetes zählen zu den Risikofaktoren. Mit der Zeit kommt es bei dieser Erkrankung erst zu Stenosen und dann zu Verschlüssen. Die Beschwerden werden in vier Stadien eingeteilt – von Gehstreckeneinschränkung über Ruheschmerzen bis zu Nekrosen. Aber was kann man da tun?
Leider hat die Medizin bislang keine kurative Behandlung dieser Erkrankung gefunden, weshalb viele auch mein Fach als palliativ bezeichnen. Da es also keine Rohrreiniger-Tabletten für Menschen gibt, versuchen wir chirurgisch, Gefäßengstellen von innen aufzudehnen, auszuputzen oder Umgehungsbypässe anzulegen. Aber irgendwann ist das Endstadium dieser unheilbaren Erkrankung erreicht, irgendwann bleibt als letzte Option, auch heute noch, nur die Majoramputation.
Wir kämpfen wirklich jeden Tag, und übrigens auch nachts, um jeden Zentimeter Extremität. Um jede Zehe. Aber wenn man morgens auf dem Weg in die Klinik von Patienten der Station rauchend in der Raucherecke begrüßt wird, lässt es so manchen Gefäßchirurgen an seinem Tun zweifeln. Wer schon einmal eine nächtliche 8-Stunden-Bypassrevision durchgemacht hat, nur um dann drei Monate später des therapieresistenten Rauchers Bein zu amputieren, neigt eventuell zu – sagen wir mal – dunklerem Humor. Ich meine, es kommt nicht von ungefähr, dass man angeblich mit einem Patientenstamm von ca. 100 Patienten eine gesamte gefäßchirurgische Karriere bestreiten kann.
Also Leute, auch auf die Gefahr, dass mir Geschäftsschädigung vorgeworfen wird, aber: Bitte lasst das Rauchen sein!
Wir sind alle bestrebt, ein möglichst ethisches Verhalten an den Tag zu legen. Doch auch für uns ist es manchmal frustrierend. Auch wir müssen eine Copingstrategie für diese Erkrankung entwickeln. Für manche ist es eben rabenschwarzer Humor.
Mehr Infos zum Rauchstopp findet ihr hier und hier.
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