Unter dem Begriff Transition versteht man den Übergang vom Jugendalter in das Erwachsenenalter bei Betroffenen chronischer Erkrankungen. Daran geknüpft ist auch der Wechsel von einer pädiatrischen Betreuung zur Erwachsenenmedizin.1 Hierbei gibt es verschiedene Dinge zu beachten.
Mehr als die Übergabe der KrankenakteDer Prozess der Transition beginnt meist zwischen dem 15. Und 18. Lebensjahr.1 Um diesen optimal zu bewältigen, sollten verschiedene Punkte beachtet werden, die neben der medizinischen Betreuung auch die psychologische sowie psychosoziale Komponente berücksichtigen.2 Um den Transitionsprozess zu erleichtern, haben wir verschiedene Ratschläge zusammengestellt. Diese konzentrieren sich vor allem auf die Vorbereitung der Jugendlichen, der Eltern bzw. der Familie sowie den Informationstransfer zwischen den Ärzt*innen.
Erwachsen werden heißt Verantwortung übernehmenBeim Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter verschieben sich die Verantwortungsbereiche. Bisher lag die Verantwortung für die medizinische Betreuung bei dem oder der (Neuro-)pädiater*in und den Eltern. Während der Transition wird die Verantwortung mehr und mehr auf die Betroffenen übertragen, die dann vermehrt von Neurolog*innen betreut werden.1
Hierbei ist zu beachten, dass die Betroffenen im Kindes- und Jugendalter häufig wenig in die medizinische Versorgung miteingebunden werden und daher womöglich noch nicht ausreichend Wissen über die eigene Erkrankung haben.2 Um den Transitionsprozess zu unterstützen, sollte dieser über das gesamte Jugendalter begleitet werden. Hier kann vor allem die Neuropädiatrie unterstützen, indem die Jugendlichen immer mehr mit einbezogen werden. Ebenso kann eine Betreuung in einer Jugendsprechstunde ohne die Eltern angedacht werden. Neben der Aufklärung über die Krankheit und deren Verlauf sollten auch die „Punkte selbstständige Medikation“ sowie „eigenes Führen des Anfallskalenders“ thematisiert werden.2
Liegt ein Fall vor, bei dem Kinder durch ihre Erkrankung in ihren kognitiven Fähigkeiten oder ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind, müssen die Eltern weiter miteinbezogen werden.2
Loslassen will gelernt seinDie Eltern waren bisher für die medizinische Betreuung ihrer Kinder mitverantwortlich. Sollen sie die Verantwortung nun in die Hände ihrer Kinder sowie eines neuen ärztlichen Teams übergeben, ist diese Situation häufig mit Sorgen verbunden. Es ist daher wichtig, die Eltern frühzeitig vorzubereiten und über den Transitionsprozess ausreichend aufzuklären.2
Bei Eltern von kognitiv beeinträchtigten Kindern sind einige weitere Aspekte zu beachten. Je nach Ausmaß der Beeinträchtigung sollten sie darüber aufgeklärt werden, dass sie auch weiterhin einen Großteil der Verantwortung tragen werden. Dazu müssen sie gegebenenfalls die Vormundschaft regeln, da sie nur so nach dem Erreichen des 18. Lebensjahres Entscheidungen im Namen ihres Kindes treffen können. Weiterhin muss gegebenenfalls beachtet werden, dass das Kind aus der Betreuung des sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) entlassen wird und die weitere Betreuung durch die Neurologie und eine hausärztliche Praxis erfolgt.2
Von klein auf groß: Der Wechsel von der Neuropädiatrie zur NeurologieAuf Seite der neuen Behandler*innen steht die Übernahme des*der Patient*in aus der Neuropädiatrie im Mittelpunkt. Da die Mehrzahl ihrer Patient*innen das Jugendalter bereits verlassen hat, sind Neurolog*innen häufig an eine hohe Eigenverantwortung ihrer Patient*innen gewöhnt. Im Rahmen der Transition müssen sie sich jedoch darauf einstellen, dass bei den Betroffenen die Eigenverantwortung gegebenenfalls noch nicht in vollem Maße vorhanden ist. Weiterhin unterscheiden sich die Themenschwerpunkte der Neuropädiatrie und der Neurologie in gewissem Maße. So gilt es für Neurolog*innen sich bei Bedarf im Rahmen der Transition ihrer Patient*innen auch mit dem Umgang mit pädiatrischen Epilepsiesyndromen sowie den gegebenenfalls auftretenden Komorbiditäten vertraut zu machen.2
Eine sinnvolle Möglichkeit für einen interdisziplinären Übergang ist eine gemeinsame Sprechstunde, an der Neuropädiater*innen sowie Neurolog*innen teilnehmen. Ist dies nicht möglich, sollte der*die Neuropädiater*in einen ausführlichen Arztbrief mit behandlungsrelevanten Informationen bereitstellen. Hier sollten neben den Diagnosen auch wichtige Untersuchungsbefunde geschildert werden. Zu den Aufgaben der Neurolog*innen zählt auch die die Prüfung der Diagnose, da sich Art und Schwere der Anfälle im Laufe der Entwicklung ändern können.2
Ein Blick in die ZukunftEine sinnvolle Erweiterung des Transitionsprozesses ist der Einsatz eines Case Managements. Dieses unterstützt neben dem Prozess vor allem auch die Betroffenen bei der strukturellen Umsetzung und begleitet sie während dieses Zeitraumes. Das Case Management kann über das „Berliner Transitionsprogramm“ finanziert werden, welches in allen Bundesländern eingesetzt werden kann. Ein Vorteil für die eingebundenen Ärzt*innen sind die zusätzlichen Honorare, die für Transitionssprechstunden oder Übergabearztbriefe gezahlt werden.2 Mehr Informationen zu dem Berliner Transitionsprogramm finden Sie hier.
FazitDer Transitionsprozess von Jugendlichen mit Epilepsie betrifft nicht nur sie selbst, sondern stellt auch die Eltern, die bisher behandelnden Neuropädiater*innen und die weiterbehandelnden Neurolog*innen vor einige Herausforderungen. Wir hoffen Ihnen und Ihren Patient*innen mit den Ratschlägen in diesem Artikel zur Seite stehen zu können.
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