Listeria monocytogenes entwickelt sich in verschiedenen Mausstämmen unterschiedlich: Je nach Genetik des Wirts verändert sich der Stoffwechsel der Bakterien. Werden diese im Labor kultiviert, zeigen sie wieder den gleichen metabolischen Fingerabdruck. Ein ‚Memory Effect‘?
Bakterien passen sich ihrem Wirt hochspezifisch an. Um wirksame Therapien gegen bakterielle Infektionen entwickeln zu können, müssen diese Anpassungsmechanismen verstanden werden. Tom Grunert und Monika Ehling-Schulz vom Institut für Mikrobiologie sowie die Gruppe um Mathias Müller vom Institut für Tierzucht und Genetik haben den Einfluss des Wirtes auf den Stoffwechsel von Bakterien untersucht. Dazu infizierten sie drei verschiedene Mausstämme mit dem bakteriellen Krankheitserreger Listeria monocytogenes. Es zeigte sich bereits nach kurzer Zeit, dass die drei Mäusegruppen, je nach genetischem Hintergrund, unterschiedlich stark erkrankten. Der Symptomverlauf war in allen drei Mausstämmen unterschiedlich schwer.
Nach einigen Tagen entnahmen die Forscher die Bakterien wieder aus den Tieren und analysierten sie auf Veränderungen im Stoffwechsel. Tatsächlich hatte sich der sogenannte metabolische Fingerprint in den Bakterien verändert. Je nach Wirt, in dem die Bakterien angesiedelt waren, hatte sich deren Proteinzusammensetzung verändert. „Die Erkenntnis könnte auch die Herangehensweise an Infektionskrankheiten verändern. Jeder Patient ist anders und so auch seine Bakterien“, erklärt der Erstautor Grunert. Die untersuchten Bakterien wurden anschließend wieder im Labor kultiviert. Nach einiger Zeit veränderte sich ihr Stoffwechsel. Die Bakterien aus allen drei Mausstämmen zeigten dann wieder den gleichen metabolischen Fingerabdruck. „Wir vermuten, dass Bakterien über eine Art Gedächtnis verfügen. Erst nach längerer Zeit unter wirtsfreien Laborbedingungen wird dieser sogenannte ‚Memory Effect‘ wieder aufgehoben“, erklärt die Studienleiterin Ehling-Schulz.
Um den Stoffwechsel der Bakterien sichtbar zu machen, nutzen die Forscher eine Methode namens Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR). Dabei schicken die Wissenschaftler einen Infrarotlicht-Strahl durch die Bakterien. Moleküle wie Proteine, Polysaccharide und Fette beginnen zu schwingen und lassen einmal mehr einmal weniger Licht durch. Je nach Molekülzusammensetzung in den Bakterien entstehen so unterschiedliche Spektren, die Auskunft über die Moleküle in den Bakterien geben. „Diese Methode wird heute vor allem in der mikrobiologischen Diagnostik verwendet, um Bakterien zu identifizieren. Wir haben die Methode so verfeinert, dass wir nicht nur verschiedene Keime aufspüren, sondern sogar feine Unterschiede in den metabolischen Fingerprints eines Bakteriums registrieren können“, betont Grunert. In Zukunft wollen die Forscher das Konzept auch auf andere Bakterienarten ausweiten und untersuchen, was der Wirt in einem Pathogen auslösen kann. In einem nächsten Schritt will das Team wissen, was genau in den Bakterien zu diesen Stoffwechselveränderungen führt. Originalpublikation: Deciphering Host Genotype-Specific Impacts on the Metabolic Fingerprint of Listeria monocytogenes by FTIR Spectroscopy Tom Grunert et al.; PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0115959; 2014