Verstopfte Lungengefäße können zu lebensgefährlichen Herz-Komplikationen führen. Informationen über Symptome, Diagnose und Therapie stellt die Deutsche Herstiftung bereit.
Herzinfarkt und Schlaganfall stellen die häufigsten Todesursachen unter den Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar, gefolgt von der akuten Lungenembolie. Eine Thrombose entsteht am häufigsten im tiefen Venensystem der Beine und des Beckens, ganz selten im rechten Herzvorhof oder in den Venen der oberen Gliedmaßen.
„Die Lungenembolie ist ein Paradebeispiel für die vielen Wechselwirkungen zwischen Herz und Lunge. Viele Menschen wissen nicht, dass Lungenerkrankungen zu lebensbedrohlichen Belastungen für Herz und Kreislauf werden – und umgekehrt viele Erkrankungen des Herzens die Lunge bedrohen können“, betont Herzspezialist Prof. Thomas Meinertz, wissenschaftlicher Beirat der Deutschen Herzstiftung. „In Notfallsituationen ist daher die rasche diagnostische Abklärung wichtig: Liegt die Ursache am Herzen oder an der Lunge?“
Eine Aufklärung über die Lungenembolie ist dringend notwendig: Denn zwischen 2005 und 2015 wurden der WHO aus Deutschland mehr als 80.000 Todesfälle durch eine Lungenembolie gemeldet. Insbesondere bei Frauen im Alter zwischen 15 und 55 Jahren ist die akute Lungenarterienembolie für bis zu 13 von 1.000 Todesfällen verantwortlich, bei Schwangeren gehört sie zu den häufigsten Todesursachen. Bei älteren Menschen über 80 Jahre liegt die Gesamtzahl der Todesfälle durch eine Lungenarterienembolie bei über 80 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Tückisch an der Lungenembolie ist: Sie kann häufig ohne merkliche Beschwerden verlaufen oder – im Einzelfall – zum kardiogenen Schock führen. „Die Symptome einer Lungenembolie sind vielfältig und recht uneindeutig“, berichtet Kardiologe Dr. Lukas Hobohm vom Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. „Häufig stehen Luftnot, Schmerzen in der Brust und Schmerzen beim Einatmen, eine Herzfrequenz von über 100 Herzschlägen pro Minute oder eine Synkope im Vordergrund.“
Bei der Diagnostik gehen Ärzte gemäß Leitlinien risikoadaptiert vor. Für Patienten, die mit kardiogenem Schock eingeliefert werden, ist bei Verdacht auf eine Lungenembolie die Ursache per Notfall-Algorithmus zu sichern, „damit die Blutgerinnsel gegebenenfalls rasch mit Medikamenten oder mit einem Katheter aufgelöst beziehungsweise entfernt werden können“, so Hobohm. Bei den rund 90 % Patienten mit akuter Lungenembolie, die sich bei Klinikaufnahme nicht im kardiogenen Schock befinden, wird die Diagnose schrittweise auf Basis der Symptome und klinischen Befunde gestellt. Ein D-Dimer-Bluttest kann bei der Einschätzung einer Lungenembolie als wahrscheinliche Ursache helfen.
Die Dauer des Klinikaufenthalts bei einer Lungenembolie hängt von Faktoren wie Alter und Begleiterkrankungen ab. Ob die Embolie womöglich zu einer Rechtsherzbelastung geführt hat, zeigen bildgebende und laborchemische Marker an. „Eine frühzeitige Entlassung binnen 48 Stunden und eine anschließende ambulante Behandlung kommen in Betracht, wenn der Patient nur ein niedriges Risiko für frühe Komplikationen hat, er nicht an schweren Begleiterkrankungen leidet und keine Anzeichen für eine Rechtsherzbelastung vorliegen“, erklärt Prof. Stavros Konstantinides, ärztlicher Direktor des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz.
Zur Vermeidung von Komplikationen ist die Nachbeobachtung nach drei bis sechs Monaten besonders wichtig. Hier sollte nach Hinweisen auf eine wiederkehrende Lungenembolie, Blutungskomplikationen sowie Symptomen und/oder funktionellen Einschränkungen gefragt werden.
Auch die Akutbehandlung unterscheidet sich je nach Schwere der Lungenembolie. Bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Versagen ist eine aggressive gerinnselauflösende Therapie mittels systemischer Thrombolyse erforderlich. Alternativ kommt eine Auflösung oder Absaugung mittels Katheter oder auf operativem Wege (chirurgische Embolektomie) in Frage. Bei stabilen Patienten mit nachgewiesener Lungenembolie reichen blutgerinnungshemmende Medikamente, meistens in Tablettenform oder vorübergehend per Injektion.
„Die gerinnungshemmende Medikation sollte Patienten nach erstmaliger akuter Lungenarterienembolie mindestens drei bis sechs Monate lang verabreicht werden. Dann wird die Fortführung der Therapie erneut sorgfältig geprüft“, erklärt Konstantinides. Die Therapiedauer kann individuell unterschiedlich sein. Sie kann binnen drei Monaten nach Krankenhausentlassung, wenn die akute Lungenembolie durch bestimmte Thrombose-Risikofaktoren ausgelöst wurde (z. B. Operationen mit einer Narkosedauer von mehr als 30 Minuten, schweres Trauma mit Knochenfrakturen) beendet werden oder sie muss dauerhaft auf Basis von NOAKs (Neue orale Antikoagulanzien) wie Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban fortgeführt werden. Diese Behandlung auf unbestimmte Zeit begründen Mediziner mit dem verbesserten Sicherheitsprofil der NOAK und dem Ziel das Wiederauftreten von Thrombosen zu verhindern.
Bei aller Notwendigkeit einer Therapie mit einem NOAK: Eine unbefristete blutgerinnungshemmende Therapie birgt auch das Risiko gefährlicher Blutungen. Das Risiko für Blutungen ist im ersten Monat der Therapie erhöht, nimmt dann ab und bleibt über die weitere Zeit hinweg stabil. Als typische Risikofaktoren für Blutungskomplikationen gelten ein Lebensalter über 75 Jahre, frühere Blutungen oder Schlaganfall, aktive Krebserkrankungen, eine bereits länger bestehende (chronische) Niereninsuffizienz, eine anderweitige blutverdünnende Therapie (Thrombozytenhemmung, beispielsweise mit ASS oder Clopidogrel) oder eine schlecht kontrollierte Blutverdünnung.
Häufige Ursache für eine akute Lungenembolie sind tiefe Venenthrombosen (TVT). Risikofaktoren für TVT sind u. a. eine längere Bettruhe im Krankenhaus nach einem Knochenbruch oder einer Verletzung, größere Operationen sowie Blutgerinnungsstörungen. Auch das Zusammenspiel aus Risikofaktoren wie Alter über 60 Jahre, familiäre Veranlagung (Eltern oder Geschwister mit Thrombose), Herzschwäche, Krebserkrankung, Adipositas, Rauchen oder stark ausgeprägte Krampfadern erhöht das Risiko einer Thrombose.
Weitere Infos, auch für Patienten, gibt es hier und hier.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung.
Bildquelle: jesse orrico, unsplash