Auf einen Totimpfstoff gegen COVID-19 zu warten, ist „ethisch inakzeptabel“, erklärt der Valneva-Chef. Außerdem: Ethikrat sagt Ja zur Impfpflicht, Kinderimpfung jetzt offiziell empfohlen und neue Einschränkungen erst nach Weihnachten.
Das französisch-österreichische Biotech-Unternehmens Valneva arbeitet an der Zulassung eines Totimpfstoffs. Nun hat der Chef des Unternehmens, Thomas Lingelbach, angesichts der Omikron-Variante davon abgeraten, auf dessen Zulassung zu warten.
Viele Bürger misstrauen den bisherigen COVID-19-Impfstoffen, die auf „neueren“ Technologien beruhen. Nun warnt der Valneva-Chef vor diesem Zögern; hofft aber gleichzeitig auf einen lukrativen Umsatz. „Ich rate niemandem, auf unseren Impfstoff zu warten“, sagt Thomas Lingelbach im Spiegel-Interview. „Das wäre ethisch inakzeptabel.“
Bei ihrem Impfstoff handelt es sich um eine „klassische“ Impfstofftechnologie, bei dem das ursprüngliche Ganzvirus inaktiviert wird bzw. nicht mehr vermehrungsfähig ist. Der Impfstoff enthält außerdem Aluminiumsalze und CpG-Oligonukleotide als Adjuvanz. Derzeit sei das der einzige Totimpfstoffkandidat, der derzeit in Europa getestet wird. Aktuell befindet sich das Valneva-Vakzin in der EU, Großbritanninen und Bahrain im Zulassungsverfahren – doch es könnte noch Wochen bis Monate dauern bis eine tatsächliche Zulassung erfolgt. Der Konzern erwartet bis Ende März grünes Licht für sein Präparat. Die EU hat sich bereits 27 Millionen Impfstoffdosen für das Jahr 2022 gesichert; zudem sieht der Vertrag eine Varianten-Anpassung vor. Für 2023 können die EU-Mitgliedsstaaten demnach bis zu 33 Millionen Impfstoffdosen nachbestellen.
Novavax ist mit ihrem proteinbasierten Impfstoff einen Schritt weitergekommen: Die EMA hat am 20. Dezember grünes Licht für die Verimpfung von Nuvaxovid® bei Erwachsenen ab 18 Jahren gegeben. Da es sich dabei um eine seit Jahrzehnten etablierte Impftechnologie handelt, gibt es die Hoffnung, Impfskeptiker von einer Impfung mit dem Vakzin zu überzeugen. Neben den bisher zugelassenen Vektor- und mRNA-Impfstoffen ist auch Nuvaxovid® kein klassischer Totimpfstoff. Doch auch diese gelten theoretisch als Totimpfstoffe, da sie keine replikationsfähigen Viren enthalten. „Insofern können sie mit Totimpfstoffen gleichgesetzt werden“, erklärt das RKI.
In Hinblick auf die sich rasant verbreitende Omikron-Variante drohen Verschärfung der Corona-Maßnahmen zum 28. Dezember. Private Kontakte sollen dann auf zehn Personen beschränkt werden. Diese Beschränkung bezieht sich auf Geimpfte und Genesene im Innen- und im Außenbereich – auch für Silvesterfeiern. Kinder bis 14 Jahre sind von der Regelung ausgenommen. Für Ungeimpfte gilt weiterhin die Kontaktbeschränkung auf den eigenen Haushalt und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts. Die Fußball-Bundesliga muss sich wieder auf Geisterspiele einstellen und auch Clubs und Diskotheken bleiben geschlossen.
Für Weihnachten setzen Kanzler und Ministerpräsidenten noch auf die Eigenverantwortung der Bürger, das Fest klein zu halten. An dreifach Geimpfte wurde appelliert, sich dennoch weiterhin testen zu lassen.
Durch die Abschaffung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch die Ampelkoalition besteht keine Grundlage mehr für einen Lockdown. Zuvor hatte auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Lockdown vor Weihnachten abgelehnt. Am 7. Januar wollen sich Bund und Länder wieder treffen.
Druck machen die Länder auch bei der allgemeinen Impfpflicht: „Die Länder bitten den Bundestag und die Bundesregierung, die diesbezüglichen Vorbereitungen zügig voranzutreiben und einen kurzfristigen Zeitplan vorzulegen.“ Von einer nötigen Impfquote von 90 Prozent, um die Pandemie zu bewältigen, ist Deutschland noch weit entfernt.
Auch der Ethikrat hat sich mehrheitlich für die Ausweitung der Impfpflicht ausgesprochen. Mit 20 von 24 Mitgliedern verabschiedete der Rat, dass eine Impfpflicht als Schutz vor den gravierenden Folgen künftiger Pandemiewellen gerechtfertigt sei. Wie diese gestaltet werden soll, ist nicht ganz eindeutig: 13 Mitglieder sind für eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene – Ausnahmen müssen dabei gesundheitlich begründet sein. Hingegen halten sieben Mitglieder die Impfpflicht nur für Risikogruppen für ausreichend. Die Durchsetzung der Impfpflicht soll über Buß- oder Zwangsgelder erfolgen; eine Zwangsimpfung solle aber ausgeschlossen werden.
Janosch Dahmen, Gesundheitsexperte der Grünen, empfindet die Empfehlung der Ethikrats als einen „sehr wichtigen Wegweiser“ innerhalb der Impfpflicht-Debatte. „Wir können als Gesellschaft die Pandemie nur hinter uns lassen, wenn wir lernfähig und offen für Kurskorrekturen bleiben.“
Die STIKO hat ihre Empfehlung zur COVID-19-Impung für Kinder im Alter von 5 bis 11 Jahren nun veröffentlicht. Sie gilt für Kinder dieser Altersgruppe, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben oder sich im Umfeld von Risikogruppen befinden. Nach individuellem Wunsch können sich aber auch Kinder außerhalb dieser Gruppe impfen lassen. Die Impfung erfolgt mit zwei Dosen Comirnaty® (10 µg) in einem Abstand von drei bis sechs Wochen.
Das Bundesministerium für Gesundheit stellt Infomaterial für Eltern und Kinder zur Kinderimpfung bereit; darunter als Entscheidungshilfe „Impfwissen für Kinder“. Praxen können mit dem Plakat „Impfung für Kinder ab 5 Jahren“ auf das Angebot aufmerksam machen. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung stellt entsprechendes Infomaterial für die Praxis zur Verfügung.
Post und Long Covid sind ein großes Problem nach überstandener COVID-19-Infektion – und noch lange nicht ganz aufgeklärt. Die neurologischen Manifestationen erfordern eine rasche Diagnostik und Therapie. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für Neurologie ihre Leitlinien aktualisiert bzw. erweitert. „Neurologische Manifestationen bei COVID-19“ geben eine deutliche Anleitung zum Vorgehen bei der Behandlung der Patienten; sowohl stationär als auch ambulant. Die S1-Leitlinien enthalten außerdem Empfehlungen für Patienten, ein weiteres Kapitel zum Post-COVID-Syndrom und zu den COVID-19 Impfstoffen.
Post und Long Covid umfassen alle Symptome, die länger als vier Wochen nach der COVID-19-Akutphase persistieren und ausschließlich auf die Infektion zurückzuführen sind. Darunter fallen häufig Symptome wie Gedächtnisstörungen, Fatigue, Riech- und Schmeckstörungen, Kopfschmerzen, Myalgien und Neuropathien. Das Auftreten ist häufig unabhängig von der Schwere der Erkrankung und trifft häufig gesunde Menschen, die einen schweren Verlauf erlitten (wir berichteten). Noch ist unklar, wie es zu diesen Langzeitsymptomen kommt.
Die aktuelle bundesweite 7-Tage-Inzidenz liegt laut Angaben des RKI bei 289,0 – wobei sich diese innerhalb der Bundesländer stark unterscheidet. So ist sie in Thüringen mit 750,2 am höchsten und in Schleswig-Holstein mit 166,5 am niedrigsten. Innerhalb eines Tages verzeichneten die Ämter 45.659 neue COVID-19-Fälle sowie 510 neue Todesfälle.
Zudem gab das RKI an, dass 21.525 von 24.960 Betten belegt seien. Davon sind 4.563 Intensivpatienten, das entspricht etwa 21 % der belegten Betten. Davon wiederum werden 2.639, bzw. 58 % der COVID-19-Intensivpatienten invasiv beatmet. Die Hospitalisierungsinzidenz liegt dadurch bei 7,73. Am höchsten ist sie mit 14,62 in Thüringen, am niedrigsten in Hamburg mit 2,43.
Mittlerweile sind mindestens 58,7 Millionen Menschen bzw. 70,5 % der Gesamtbevölkerung vollständig geimpft. Mindestens 28,1 Millionen Menschen bzw. 33,8 % erhielten eine zusätzliche Auffrischungsimpfung. Aktuell liegt der Anteil der Ungeimpften bei 26,4 % bzw. etwa 22 Millionen Menschen. Dem hingegen haben 61,2 Millionen Menschen (73,6 %) mindestens eine Impfdosis erhalten. Für Kinder im Alter von 0 bis 4 Jahren steht bisher noch kein zugelassener Impfstoff zur Verfügung; diese Gruppe macht etwa 4,8 % der Bevölkerung aus. Die Impfquoten unterscheiden sich auch hier innerhalb der Bundesländer: In Bremen ist sie beim Anteil der mindestens einmal Geimpften am höchsten mit 86,4 %, in Sachsen mit 62,7 % am niedrigsten.
Bildquelle: Markus Spiske, Unsplash.