Welche Auswirkungen hat es, wenn Schichtarbeiter nachts und nicht tagsüber essen? Eine Studie klärt, wie eine falsch eingestellte zirkadiane Uhr mit gestörter Glukosetoleranz zusammenhängen könnte.
Wer nachts arbeitet, unter Jetlag oder Störungen des zirkadianen Schlafrhythmus leidet oder einfach nachts am aktivsten ist, kennt es: Der kleine Hunger richtet sich nicht nach der Uhr. Weicht man jedoch regelmäßig vom klassischen Rhythmus Frühstück, Mittag- und Abendessen ab, scheint das körperliche Folgen zu haben. Eine neue Studie von Forschern des Brigham and Women's Hospital zeigt, dass Essen in der Nacht zu Glukoseintoleranz führen kann. Eine Beschränkung der Mahlzeiten auf den Tag kann im Gegensatz dazu beitragen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren.
Nächtliches Essen verschiebt außerdem die zirkadiane Uhr des Körpers – ein natürlicher Zeitmesser, welcher körperliche, geistige und verhaltensbezogene Veränderungen im 24-Stunden-Zyklus reguliert. Die Ergebnisse der Forscher wurden im Science Advances veröffentlicht.
Eine gestörte Glukosetoleranz tritt – laut früheren Laborstudien – häufig bei Nachtschichtarbeitern auf, die normalerweise tagsüber schlafen und nachts essen. Mitautorin und Ärztin Dr. Sarah L. Chellappa von der Universität zu Köln erklärt, dass Schichtarbeiter, obwohl sie häufig falschen Mahlzeiten ausgesetzt sind, nicht unbedingt „immun“ gegen deren nachteilige Auswirkungen sind. Glukoseintoleranz führt zu einem hohen Blutzuckerspiegel und ist eine Vorstufe von Typ-2-Diabetes.
An der randomisierten kontrollierten Studie nahmen 19 gesunde junge Probanden teil, die ein 14-tägiges kontrolliertes Laborprotokoll durchliefen. Sie waren im Durchschnitt 26,5 Jahre alt, hatten einen durchschnittlichen Body-Mass-Index (BMI) von 22,7 kg/m2 und wiesen HbA1C-Werte zwischen 4,9 und 5,4 % auf. Die Teilnehmer blieben 32 Stunden lang in einer hochgradig kontrollierten, schwach beleuchteten Umgebung wach, wo sie eine konstante Körperhaltung einnahmen, stündlich identische Snacks verzehrten und keine zeitlichen Hinweise erhielten.
Danach wurden die Teilnehmer einer simulierten Nachtarbeit unterzogen und folgten einem von zwei Essensplänen: Eine Gruppe aß während der Nacht, während die andere Gruppe tagsüber aß und so ihren Essensplan an den Alltag anpasste. Anschließend folgten die Teilnehmer einem zweiten, 40-stündigen Routineprotokoll, um die Nachwirkungen der Mahlzeitenpläne auf ihre endogenen zirkadianen Rhythmen zu bewerten.
Den Forschungsergebnissen zufolge wiesen Teilnehmer, die nachts aßen, erhöhte Blutzuckerwerte auf; hingegen diejenigen, die nur tagsüber aßen, keine signifikanten Veränderungen zeigten. Während der simulierten Nachtschicht stiegen die durchschnittlichen Glukosewerte der Teilnehmer, die nachts aßen, um 6,4 % gegenüber dem Ausgangswert, während die tagsüber Essenden, keinen Anstieg aufwiesen. Darüber hinaus verringerte sich die Funktion der insulinproduzierenden Betazellen des Pankreas, während bei denjenigen, die nur tagsüber aßen, keine Veränderungen zu beobachten waren.
Nächtliches Essen verursachte weiterhin eine Verschiebung zwischen der zentralen zirkadianen Uhr, die anhand des endogenen zirkadianen Rhythmus der Körperkerntemperatur geschätzt wurde, und den zirkadianen Glukoserhythmen. In starkem Gegensatz dazu blieben diese Rhythmen in Einklang, wenn die Teilnehmer trotz ihres unregelmäßigen Schlafs nur tagsüber Mahlzeiten zu sich nahmen.
Diese Studie untermauert den Gedanken, dass der Zeitpunkt des Essens für gesundheitliche Ergebnisse wie den Blutzuckerspiegel wichtig ist. Für Nachtarbeiter ist das besonders bedeutend, da sie in der Regel nachts während ihrer Schicht essen. Die Forscher weisen darauf hin, dass weitere Studien erforderlich sind, um praktische Maßnahmen zu finden, mit denen das Essen am Tag bei Schichtarbeitern in die Praxis umgesetzt werden kann, um trotz veränderter Schlafgewohnheiten die interne zirkadiane Uhr aufrecht zu erhalten und eine Glukoseintoleranz zu verhindern.
Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text verlinkt.
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