Was gibt es Neues aus der Wissenschaft? Hier drei aktuelle Publikationen, die Nerd-Herzen höher schlagen lassen.
Wer schätzt sie nicht, die morgendliche Tasse Kaffee zum Wachwerden? Doch das könnte nicht der einzige Nutzen der morgendlichen Koffeindosis sein, wie eine Studie in der Fachzeitschrift Psychopharmacology zeigt: Forscher untersuchten den Einfluss von Koffein auf die dynamische Sehschärfe und kamen zu dem Ergebnis, dass der Wachmacher die Reaktionszeit verbessert und darüber hinaus auch die Genauigkeit erhöhte, mit der Probanden bewegliche Ziele erfassten.
In der Studie bekamen die Probanden an zwei verschiedenen Tagen zur gleichen Uhrzeit entweder ein Placebo oder eine Kapsel mit 4 mg Koffein pro kg Körpergewicht (die durchschnittliche Dosis entsprach in etwa zwei Tassen Espresso). Bei den 21 Studienteilnehmern handelte es sich um junge Erwachsene mit einem geringen Koffeinkonsum. Vor und eine Stunde nach Einnahme des Koffeins, bzw. Placebos, absolvierten die Teilnehmer dann einen computerbasierten Test, der ihre dynamischen Sehfähigkeiten erfasste.
Das Ergebnis: Hatten die Probanden zuvor Koffein zu sich genommen, konnten sie ein kleines, sich bewegendes Zielobjekt deutlich genauer identifizieren als ihre Kontrollgruppe. Außerdem waren sie auch schneller darin – vorausgesetzt, das Objekt bewegte sich auf einem geraden horizontalen Pfad; bei zufälligen Bewegungen war der Effekt weniger ausgeprägt. Die Schlussfolgerung: Koffein macht nicht nur wacher, sondern beeinflusst auch die Reizverarbeitung auf positive Art und Weise.
Ihr wollt die Details? Hier geht’s zur Originalpublikation.
Ein Hoffnungsschimmer für Patienten, die aufgrund von beschädigten Stimmbändern ihre Stimme verloren haben: Forscher entwickelten ein neues Biomaterial, das als Implantat stark genug ist, konstanter mechanischer Belastung standzuhalten und gleichzeitig durch seine poröse Struktur das Wachstum und die Regeneration von Gewebezellen zulässt. Nicht nur für die Stimmbänder dürfte dieses Material von Interesse sein; auch andere Gewebe wie das Herz, die aufgrund konstanter Bewegung nur schwer heilen, könnten damit repariert werden.
Das bisherige Problem bei solchen Implantaten bestand darin, dass das Material zwar durchlässig für Sauerstoff, Nährstoffe und auch Zellen sein muss, die hohe Porosität aber auf Kosten der Stabilität geht. Die Lösung dafür: Ein Hydrogel, dass aus zwei miteinander verflochtenen Netzwerken besteht. Das Zusammenspiel aus einem primären, dissipativen Netzwerk und einem sekundären, elastischen Netzwerk führt zu einem robusten und trotzdem flexiblen Material. Dieses erlaubt auch große, miteinander verbundene Poren.
Der besondere Clou dabei: Dieses zellkompatible Gel bildet sich erst bei Körpertemperatur fertig aus – bei Raumtemperatur bleibt das Vorläufermaterial lange genug flüssig, um es einfach und minimal-invasiv per Spritze in die Läsion zu befördern. Die Poren bildet das Material beim Festwerden von alleine aus.
Im Video (Credit: Guangyu Bao) könnt ihr das Material auch einmal in Aktion sehen. In der speziell entwickelten Maschine wird die Belastung der menschlichen Stimmbänder simuliert. Noch mehr erfahrt ihr hier.
Kennt ihr das, wenn ihr schon genau wisst, was ein Gesprächspartner als nächstes sagen wird? Das hat einen Grund: Beim Zuhören denkt das Gehirn voraus und versucht anhand vorhergegangener Informationen zu ermitteln, welches Wort als nächstes kommt. Dabei ist es auch erstaunlich treffsicher und filtert effektiv zwischen wichtigem und unwichtigem Kontext. So hindert uns auch ein kleiner Versprecher zum Beispiel nicht am Verstehen eines Gesprächspartners.
Aber wie organisiert und nutzt das Gehirn die eingehenden Informationen? Dafür verglichen Forscher die Gehirnaktivität von Probanden, die eine Stunde lang aufmerksam einer Erzählung lauschten, mit gut trainierten künstlichen Netzwerken, die vor die gleiche Aufgabe gestellt wurden. Die Netzwerke folgten den gleichen Grundprinzipien wie das menschliche Gehirn: Das Gesagte wird in aufeinander aufbauenden, zunehmend abstrakten Verarbeitungsstufen abgespeichert. Daraus, wie die Netzwerke einen bestimmten Gesprächsabschnitt verarbeiteten, ließen sich Rückschlüsse auf die Strategien des menschlichen Gehirns ziehen.
Die Forscher fanden heraus, dass das Gehirn bei der Vorhersage einer ereignisbasierten Hierarchie folgt: Das Gehörte wird segmentiert und entsprechend der Länge in verschiedenen Hirnarealen verarbeitet. Beispielsweise nutzt der Schläfenlappen nur kurze, gerade erst beschriebene Ereignisse für die Vorhersage; der nachgeschaltete Scheitellappen speichert indes längere und weiter zurückliegende Ereignisse ab. Laut den Forschern erhöht dies die Recheneffizienz des Gehirns: Das Gehirn kann so viele verschiedene Gesprächsinhalte gleichzeitig vorhalten, muss diese aber immer erst am Ende des Ereignisses aktualisieren und weiterverarbeiten. Dies ermöglicht eine viel schnellere Vorhersage als eine kontinuierliche Aktualisierung.
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Bildquelle: Annie Spratt, unsplash