Die mikroRNA miR-128 schaltet für die Neuronenmigration in die jeweiligen Zielgebiete das Wandern an. Das Gen Phf6 wiederum schaltet das Wandern ab, wenn die Endstation der Neuronen erreicht ist. Ein bedeutender Vorgang bei der Entwicklung junger Nervenzellen.
Die Wissenschaftler um Dr. Gregory Wulczyn vom Institut für Zell- und Neurobiologie haben gemeinsam mit Forschern des Instituts für Integrative Neuroanatomie herausgefunden, dass zwei Moleküle, die mikroRNA miR-128 und das Gen Phf6, maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass Neurone im Kortex ihr Zielgebiet finden und Verbindungen mit anderen Neuronen ausbilden. Bei Phf6 handelt es sich um ein Gen, dessen Mutation das sogenannte Börjeson-Forssman-Lehmann-Syndrom, eine geistige Behinderung, hervorrufen kann.
Zunächst analysierten die Wissenschaftler die Rolle von miR-128 in einzelnen Nervenzellen während der Hirnentwicklung. Es zeigte sich, dass eine zu große Menge des Moleküls dazu führte, dass Nervenzellen ihre Zielgebiete gar nicht erst erreichten. Eine zu geringe Menge wiederum bewirkte das Gegenteil und die Zellen wanderten an ihrem Zielgebiet vorbei. In beiden Fällen entwickeln sich die Neurone anatomisch und physiologisch fehlerhaft. Manipulierten die Wissenschaftler nun zusätzlich die Menge an Phf6, konnte diese Wirkung von miR-128 aufgehoben werden. Weiterhin fanden die Forscher heraus, dass miR-128 in den Stammzellen lediglich in inaktiver Form vorliegt. Die aktive Variante der mikroRNA findet sich nur in Neuronen, die bereits ihre finale Position im Kortex gefunden haben.
„Unsere Daten zeigen, dass miR-128 als Schalter fungiert, der das Wandern der Neurone ab- und anstellt“, erklärt Wulczyn. „Diese mikroRNA lauert in ihrer inaktiven Form in Stammzellen oder migrierenden Vorläuferzellen. Erst wenn die Neurone mithilfe von Phf6 ihre Endstation erreicht haben, wird der Schalter umgelegt, miR-128 aktiviert und Phf6 abgeschaltet. Eine zu frühe Abschaltung verhindert die Formgebung und Aktivität der Neuronen“, fügt er hinzu. Originalpublikation: miR-128 regulates neuronal migration, outgrowth and intrinsic excitability via the intellectual disability gene Phf6 Gregory Wulczyn et al.; eLife, doi: 10.7554/eLife.04263; 2015