Bislang unbekanntes Potenzial von Psilocybin entdeckt: Die Substanz kann bei Alkoholabhängigkeit helfen, Rückfälle zu vermeiden. Wie das funktioniert, lest ihr hier.
Die Alkoholabhängigkeit ist eine der häufigsten neuropsychiatrischen Erkrankungen. Allein in Deutschland gibt es mehr als fünf Millionen Betroffene. Die Folgen sind häufig schwere körperliche und psychische Leiden und eine hohe Mortalitätsrate. So ist die mittlere Lebenserwartung von Betroffenen um mehr als 22 Jahre verringert. Trotz der Schwere der Erkrankung, ihrem chronischen Verlauf durch häufig wiederkehrende Rückfälle und einem großen Leidensdruck für die Betroffenen, wissen wir bisher wenig über die ursächlichen Mechanismen im Gehirn.
In einer multidisziplinären, internationalen Zusammenarbeit unter der Leitung von Dr. Marcus Meinhardt, Prof. Rainer Spanagel und Prof. Wolfgang Sommer – alle vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit – sind jetzt die molekularen Ursachen von veränderter Selbstregulation und Rückfällen bei Alkoholabhängigkeit untersucht worden. Dabei konzentrieren sich die Forschungsarbeiten auf die Rolle des metabotropen Glutamatrezeptors 2 (mGluR2).
Dieser fungiert im Gehirn als biochemische Empfangsantenne für den Signalstoff Glutamat und reguliert dessen Ausschüttung in verschiedenen Hirnarealen. In ihrer aktuellen Arbeit, die jetzt in Science Advances erschienen ist, zeigt das Forscherteam einen kausalen Zusammenhang zwischen einer verminderten mGluR2-Funktion innerhalb der Hirnregion des präfrontalen Kortex in alkoholabhängigen Nagern und einer beeinträchtigten exekutiven Kontrolle sowie dem Verlangen nach Alkohol. Die mGluR2-Aktivierung ist dadurch als potenzieller therapeutischer Mechanismus bei Alkoholabhängigkeit identifiziert worden.
Halluzinogene Substanzen wie Psilocybin – der Wirkstoff aus den sogenannten Zauberpilzen – oder LSD wirken durch die Stimulierung von Serotonin-2A-Rezeptoren (5-HT2AR) im Gehirn.
Diese Rezeptoren sind in einer Vielzahl im präfrontalen Kortex vertreten. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass sich 5-HT2AR und mGluR2 zu einem funktionellen Komplex zusammenschließen können. Dieser Komplex wurde mit dem Wirkmechanismus von Psychedelika in Verbindung gebracht, jedoch waren die molekularen Funktionen dieses Komplexes bisher unbekannt.
„Wir konnten zeigen, dass Psilocybin in der Lage ist, die mGluR2-Spiegel zu erhöhen und zu einer Verringerung von Rückfällen zum Alkoholkonsum führt“, sagt Marcus Meinhardt. Somit eröffnet diese Forschungsarbeit die Möglichkeit, neue therapeutische Ansätze zu entwickeln, die sich auf Psilocybin als Antreiber des mGluR2 konzentrieren.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Zentralinstituts für seelische Gesundheit. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Marco Allegretti, unsplash