Noch immer lehnen viele Menschen eine Impfung gegen COVID-19 ab. Welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, haben jetzt Bochumer Forscher untersucht.
Die Impfung gegen COVID-19 kann entscheidend dabei helfen, die Pandemie zu beenden. Aber zu viele Menschen lehnen sie ab. Welche Faktoren bei der Entscheidung für oder gegen die Impfung eine Rolle spielen, hat ein Team aus der Psychologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in einer großen Online-Umfrage im Mai 2021 untersucht. Über 9.000 Menschen in neun Ländern auf drei Kontinenten machten mit. Die Forscher berichten in der Zeitschrift Plos One.
Die Online-Umfrage im Mai 2021 lief eine Woche lang. Je rund 1.000 Menschen ab 18 Jahren aus China, Frankreich, Deutschland, Polen, Russland, Spanien, Schweden, Großbritannien und den USA beteiligten sich daran. Erfragt wurden Geschlecht, Alter, Familienstand, Sozialstatus, der Lebensmittelpunkt in einer Stadt oder auf dem Land, die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, die psychische Verfassung und die Mediennutzung sowie die Wahrnehmung der Kommunikation durch die Regierung und die Einstellung der Teilnehmenden gegenüber den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung.
Insgesamt gaben rund 80 Prozent der Befragten an, bereits geimpft zu sein oder sich impfen lassen zu wollen. Der Anteil schwankte allerdings stark von Land zu Land. Während in Großbritannien 93,9 Prozent willens waren, sich impfen zu lassen, waren es in Russland nur 62 Prozent. „Ein bemerkenswert großer Unterschied“, sagt Dr. Julia Brailovskaia vom Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der RUB, die die Studie gemeinsam mit Prof. Jürgen Margraf und Prof. Silvia Schneider durchführte.
Die Unterschiede zwischen den neun Ländern lassen sich aus einer Mischung interner und externer Faktoren erklären, meinen die Forscher. „Etwa 30 bis 40 Prozent der Abweichungen können wir auf die von uns untersuchten Faktoren zurückführen“, so das Team. In Deutschland sind Impfskeptiker eher männlich. In China hingegen sind es eher Frauen, die sich nicht impfen lassen möchten. In Schweden und einigen anderen Ländern spielt das Geschlecht keine Rolle.
In den USA und Deutschland lehnen Menschen die Impfung eher ab, wenn sie unter starken Stresssymptomen leiden oder wenn ihre psychische Gesundheit besonders ausgeprägt ist. „Menschen, die über eine gute psychische Gesundheit verfügen, nehmen die Bedrohung durch die Pandemie vielleicht weniger stark wahr als andere und sehen daher nicht die Notwendigkeit, sich durch eine Impfung zu schützen“, schätzen die Forscher. „Unter Stress hingegen neigen Menschen zu unangepassten Reaktionen, die die Situation verschlimmern können.“ Beide Faktoren waren in anderen Ländern nicht bedeutend.
In fast allen Ländern fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen der Nicht-Nutzung des Fernsehens als Informationsquelle und der Ablehnung einer Impfung. In Polen, Schweden und den USA trug die Nutzung von Social Media als Informationsquelle dazu bei, dass Menschen die Impfung eher ablehnten. Menschen, die die Maßnahmen der Politik nicht als wirksam empfinden, neigen ebenfalls eher dazu, die Impfung abzulehnen. Eine Ausnahme stellt hier China dar.
„Um die Impfbereitschaft zu erhöhen und damit eine weltweite Immunität gegen COVID-19 zu erreichen, muss jede Regierung das spezifische Muster für ihre Bevölkerung berücksichtigen. Dies ist der wichtigste Weg zum Erfolg im Kampf gegen die Pandemie“, so Brailovskaia.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum. Die Studie haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: Sammy Williams, Unsplash