Fortschritte in den Neurowissenschaften gehen Hand in Hand mit Hochleistungsrechnern. Um sich der Komplexität des Hirns zu widmen, werden Forscher in Zukunft immer öfter mit Supercomputern arbeiten müssen.
„Es ist eine spannende Zeit für das Supercomputing“, sagt Thomas Lippert, Direktor des Jülich Supercomputing Centre und Leiter des Supercomputing im Human Brain Project. „Wir erhalten viele neue Anfragen von Forschern aus den Neurowissenschaften, die leistungsstarke Rechner benötigen, um die Komplexität des Gehirns zu adressieren. Als Antwort darauf entwickeln wir neue Werkzeuge, die auf die Erforschung des Gehirns zugeschnitten sind.“
„Um das Gehirn in seiner Komplexität zu verstehen, braucht es Erkenntnisse auf mehreren Ebenen – von der Genomik über Zellen und Synapsen bis hin zum gesamten Organ. Das geht mit sehr großen Datenmengen einher und Supercomputing wird zu einem unverzichtbaren Werkzeug, um das Gehirn zu erforschen“, erklärt Katrin Amunts, wissenschaftliche Leiterin des Human Brain Project (HBP).
Hochauflösende Untersuchung eines Hirnschnitts mittels 3D Polarized Light Imgaging (3D-PLI), Bild: Forschungszentrum Jülich Das menschliche Gehirn enthält etwa 86 Milliarden Neuronen, die Billionen von Kontaktpunkte bilden. Die Abbildung eines ganzen Gehirns mit zellulärer Auflösung erzeugt Daten in der Größenordnung von mehreren Petabyte, was mehreren 10 hoch 15 Byte oder der Speicherkapazität mehrerer Tausend Festplatten entspricht; die Elektronenmikroskopie eines ganzen Gehirns würde dagegen mehr als ein Exabyte an Daten ergeben, also 10 hoch 18 Byte, was einer Steigerung um etwa den Faktor 1.000 gleichkommt.
„Hirnforschung, Medizin und Informationstechnologien stehen vor Herausforderungen, die nur durch die enge Zusammenarbeit aller drei Bereiche bewältigt werden können“, so Amunts.
In Europa wurde im Rahmen des Human Brain Project die Forschungsinfrastruktur EBRAINS aufgebaut. Sie bietet Hirnforschern eine Reihe von Werkzeugen, Daten- und Rechendiensten. Dazu gehört auch der Zugang zu Supercomputing-Systemen des FENIX-Netzwerks der EU. Dieses wurde von Europas führenden Supercomputing-Zentren als Teil des Human Brain Project eingerichtet und dient nicht nur der Hirnforschung, sondern steht Forschern aus allen Bereichen der Lebenswissenschaften offen.
Innerhalb der nächsten fünf Jahre will Europa seine ersten beiden Exascale-Supercomputer einsetzen. Dies wird vom European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) koordiniert, einer gemeinsamen Initiative der EU, europäischer Länder und privater Partner.
„Die Hirnforschung steht bereit, diese Exascale-Systeme zu nutzen“, sagt Amunts.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich. Die Originalpublikation haben wir euch hier verlinkt.
Bildquelle: Forschungszentrum Jülich