Grünes Licht für den OTC-Switch von Notfallkontrazeptiva: Die Präparate ellaOne® mit Ulipristalacetat und PiDaNa® mit Levonorgestrel werden verschreibungsfrei – mit Einschränkungen. Ländervertreter sehen als Vertriebsweg öffentliche Apotheken, nicht aber Versandapotheken.
Deutschland unter Zugzwang: Nachdem Brüssel entschieden hatte, Notfallkontrazeptiva mit Ulipristalacetat aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, musste Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) trotz starker Bedenken nachziehen. Eine Gesetzesinitiative für Ulipristalacetat und für Levonorgestrel folgte – und warf im gleichen Atemzug etliche Fragen auf.
Das beginnt bei der Kostenübernahme. Gesetzliche Krankenversicherungen erstatten nur verschreibungspflichtige Präparate, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Notfallkontrazeptiva wären ebenfalls aus der Erstattung gefallen. Nachdem Politiker einen Anstieg von Teenagerschwangerschaften befürchtet hatten, machten sie jetzt Nägel mit Köpfen und legten einen angepassten Gesetzesentwurf vor. Der Bundestag beschloss, dass Frauen und Mädchen bis zu ihrem 20. Geburtstag Anspruch auf Kostenübernahme durch ihre Krankenkasse haben.
Damit gaben sich Verantwortliche nicht zufrieden. Sie haben im Heilmittelwerbegesetz den Paragraphen 10 angepasst. Werbung für Notfallkontrazeptiva über Laienmedien soll verboten bleiben, um nicht den Eindruck zu wecken, eine Alternative zu klassischen Verhütungsmethoden zu bieten.
Dispute um die Abgabe von Ulipristal-haltigen Notfallkontrazeptiva gehen trotzdem weiter. Der Berufsverband und mehrere Fachgesellschaften der Gynäkologen warnen vor einer unzureichenden Beratung in öffentlichen Apotheken. Stein des Anstoßes ist ein Beratungsleitfaden der Bundesapothekerkammer. In diesem Dokument seien „grundlegende Beratungsinhalte nicht enthalten“, heißt es in einer Stellungnahme des Berufsverbandes der Frauenärzte, der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin. Ihre Kritikpunkte: die nachlassende Wirkung von Levonorgestrel bei einem Körpergewicht über 75 Kilogramm sowie ähnliche Effekte von Ulipristalacetat bei Kundinnen mit mehr als 90 Kilogramm. Frauenärzte bemängeln fehlende Hinweise auf die „Spirale“ sowie auf nichthormonelle Verhütungsmethoden bis zum Eintreten der nächsten Monatsblutung. Jetzt sind Apotheker einmal mehr unter Zugzwang.
Politiker sehen noch weitere Problemfelder. Auf Anregung mehrerer Länder wird die „Pille danach“ nicht über den Versandhandel zu beziehen sein. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) widersprach dem Vorwurf, eine versendende Apotheke berate nicht genügend. Das Gegenteil sei der Fall: „Versandapotheken schneiden seit Jahren nicht schlechter ab, als die reine Vor-Ort-Apotheke“, heißt es in einer Stellungnahme. „Das Argument der nicht sofortigen Verfügbarkeit im konkreten Fall des Notfallkontrazeptivums bei einem Bezug über den Versand läuft genauso ins Leere. Eine sehr zeitnahe Einnahme, wie es die medizinische Indikation vorsieht, ist bei Nicht-Bevorratung zu Hause in keinem Fall möglich.“ Hat der Interessenverband da nicht eine Kleinigkeit übersehen, Stichwort Nacht- und Notdienste?