Wegen hoher Umsätze musste sich das teuerste Medikament der Welt einer erneuten Nutzenbewertung stellen. Der G-BA konnte keinen Zusatznutzen feststellen. Warum die Versorgung mit dem Orphan-Medikament trotzdem nicht gefährdet ist, lest ihr hier.
Das Gentherapeutikum Zolgensma® hat seit seiner Zulassung durch die FDA im Mai 2019 schnell einen Ruf als das teuerste Medikament der Welt erworben: Stolze 2,1 Millionen Dollar kostet eine Behandlung in den USA (wir berichteten). Es wird für die Behandlung der spinalen Muskelatrophie eingesetzt, einer seltenen Erkrankung, die etwa bei einer von 10.000 Lebendgeburten auftritt. Sie führt zu Muskelschwäche und Skelettverformungen und ist auf verschiedene Genmutationen zurückzuführen, unter anderem die des SMN-1-Gens (Survival Motor Neuron 1).
Die Folge der Mutationen ist ein Mangel an Motorproteinen. Zolgensma® wirkt durch die Einschleusung einer gesunden Version des SMN-1-Gens mittels Vektor. Im Gegensatz zu anderen Medikamenten gegen die Krankheit muss Zolgensma® nur einmalig angewendet werden.
Seit vergangenem Jahr ist das Medikament in Europa zugelassen und hat auch hier innerhalb kürzester Zeit einen Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro eingefahren. Das erste Nutzenbewertungsverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wurde daher Ende 2020 eingestellt wurde. Der Grund: Bei Einnahmen über 50 Millionen Euro entfällt das Orphan-Drug-Privileg, ein direkter Vergleich mit einer anderen entsprechenden Therapie steht an.
Die neugestartete Nutzenbewertung erfolgte durch den G-BA anhand der Studienlage und Daten, die der Hersteller zur Verfügung stellt. Aus der Gesamtschau ließ sich allerdings kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Zolgensma® gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Nusinersen ableiten.
Allerdings stellte der Vorsitzende des G-BA, Prof. Josef Hecken, in Aussicht: „Der heutige Beschluss zu Zolgensma® wird mit großer Wahrscheinlichkeit nur vorläufig sein.“ Spätestens ab Sommer 2027 solle der G-BA erneut über Zolgensma® beraten. Dann lägen hoffentlich auch Informationen aus dem Behandlungsalltag vor, um Aussagen zum langfristigen Zusatznutzen treffen zu können. Er betonte auch, dass mit dem Beschluss ausdrücklich keine Einschränkung der Versorgung verbunden sei. „Das Arzneimittel kann im Rahmen seiner Zulassung und unter Einhaltung der qualitätssichernden Standards weiterhin verordnet und eingesetzt werden.“
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