Essstörungen bei Schwangeren können sich ungünstig auf die Hirnentwicklung der Föten auswirken. Dabei spielt die Schwere der Erkrankung offenbar eine wichtige Rolle.
Bei Anorexia nervosa handelt es sich um eine Essstörung. Betroffene zeigen dysfunktionales Essverhalten wie extreme Kalorienrestriktion, Essanfälle oder induziertes Erbrechen, was oftmals zu einer unzureichenden Nährstoffzufuhr führt. Leiden Frauen während der Schwangerschaft unter einer solchen Essstörung, kann sich die Fehlernährung auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Denn: Die grundlegenden Gehirnsysteme werden bereits im Mutterleib aufgebaut.
Wie stark diese kindlichen Beeinträchtigungen ausgeprägt sein können, liegt an der Schwere der Essstörung. Das ist das Ergebnis einer neuen Pilotstudie des Universitätsklinikums Tübingen. Die Studie ist aktuell in der Fachzeitschrift European Eating Disorder Review publiziert.
Das Studienteam der Abteilung für psychosomatische Medizin und Psychotherapie untersuchte Schwangere mit und ohne Essstörungen während der 27. und 37. Schwangerschaftswoche. Um die Auswirkung von Essstörungen auf die Kindesentwicklung zu erforschen, ermittelten sie mithilfe eines für Mutter und Kind schonenden Geräts, einem fetalen Magnetoenzephalograph (fMEG), die Aktivität und den Entwicklungstand des fetalen Gehirns. Zur Erfassung der Hirnaktivität wurden auditorische Reize geboten. Das fMEG registrierte mithilfe dieser Tonsignale, ob und wie schnell das ungeborene Kind diese Reize erfasst und auf sie reagiert.
Die Daten der Pilotstudie zeigten, dass mit zunehmender Schwere der Essstörung die Reaktionszeit der Föten auf das Tonsignal verlängert war. Während eine kurze Latenzzeit auf eine reifere Hirnfunktionalität hinweist, kann eine verlängerte Reaktion auf Entwicklungsstörungen hindeuten. Inwiefern diese Reaktionszeiten Aufschluss auf die spätere kognitive und verhaltensbezogene Kindesentwicklung gibt, muss nun in Folgestudien untersucht werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikum Tübingen. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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