Aus Angst vor dem plötzlichen Kindstod legen Eltern ihre Säuglinge oft viel zu lange auf den Rücken. Die häufige Folge: Abgeflachte „Liegeschädel“ und einseitige Kopfhaltungen. Hier eine Liste meiner Top-Maßnahmen als Kinderarzt.
Wir empfehlen seit Jahren zur Vorbeugung des plötzlichen Kindstodes, kleine Säuglinge im Schlaf vor allem auf den Rücken zu legen. Neben der Vermeidung von Nikotinexposition (Passivrauchen) und der Überwärmung im Schlaf (z. B. durch „Nestchen“ im Kinderbett) ist die Rückenlage die wichtigste Maßnahme. Wer sich zu diesem Thema weiter informieren möchte, verweise ich hier gerne auf die Seiten des DGKJ und der Gemeinsamen Elterninitiative Plötzlicher Säuglingstod (GEPS) mit ihren entsprechenden Flyern zum Download.
Diese Maßnahmen, etabliert und propagiert seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, haben weltweit zu einem dramatischen Rückgang der Rate von Plötzlichen Kindstoden geführt. Wir Kinder- und Jugendärzte weichen nicht von diesen Empfehlungen ab – auch wenn wir gewisse Nebenwirkungen sehen.
Aus Sorge, dass den kleinen Säuglingen etwas passiert, legen Eltern ihre Kinder oft 24/7 auf den Rücken. Viele trauen sich nicht einmal, die Kleinen Bauch an Bauch auf sich selbst zu legen („Känguruing“) oder beim Spazierengehen vorübergehend auf Seite oder Bauch zu lagern.
Die Folge sind oft verformte Köpfchen, mitunter auch Einseitigkeit in der Kopfhaltung, weil der Schädel dazu neigt, auf einer Seite abgelegt zu werden. Wir sehen oft bereits nach zwei oder drei Monaten im Rahmen der U4 so genannte „Liegeschädel“ oder Plagiozephalie, mit mittig oder auch asymmetrisch abgeflachten Hinterköpfen.
Aber keine Sorge: Es ist noch ausreichend Zeit, diese Liegeköpfchen zu korrigieren, die Schädelknochen sind noch weich und noch nicht fest miteinander verbunden, so dass sich viele dieser Verformungen noch in den nächsten Monaten rund ausformen, so manche flachen Köpfchen sind mit anderthalb Lebensjahren ganz normal und rund.
Was kann man tun, um ein harmonisches Wachstum des Kopfes zu fördern:
Was tun, wenn das Baby eine Seite bevorzugt oder der Kopf einseitig abflacht:
Natürlich gibt es auch extreme Fälle, der Kinder- und Jugendarzt wird sie erkennen. Diese Kinder brauchen manchmal Physiotherapie, insbesondere, wenn nicht nur der Kopf schief ist, sondern der gesamte Bewegungsablauf des Körpers. Hier hilft Physiotherapie übrigens stets besser als die leidige Osteopathie.
Der Einsatz von Helmen zur passiven Lenkung des Kopfwachstums, sind in Fachkreisen umstritten. Es ist hier naturgemäß schwierig, eine Kontrollgruppe für Studienzwecke zu finden. Stichwort „Vielleicht wäre es auch ohne Helm besser geworden“? Eine einfache Therapie ist es zudem nicht und sollte Kopfverformungen vorbehalten sein, bei denen nicht alleine der Hinterkopf aufgrund der Rückenlage asymmetrisch liegt, sondern der gesamte Schädel, also auch der vordere Bereich, verformt ist.
Also denn: Rückenlage, ja! Aber: „Take your time for tummy time“!
Bildquelle: Kelly Sikkema, unsplash