Infizierte Mütter geben SARS-CoV-2-Antikörper beim Stillen an ihr Baby weiter. Jetzt konnten Forscher zeigen: Die Neugeborenen produzieren sie auch selber.
Bereits zu Beginn der Pandemie zeigten mehrere klinische Studien, dass Kinder mit perinataler Exposition gegenüber SARS-CoV-2 eine passive Immunität über ihre Mütter erhalten können. Dabei werden von der Mutter gebildete SARS-CoV-2-Spike-spezifische Antikörper über die Plazenta oder nachgeburtlich über die Muttermilch weitergegeben. Diese Muttermilch-Antikörper scheinen für das Baby aber von größerem Nutzen zu sein, als bisher erwartet.
Eine im JAMA Network Open veröffentlichte Studie aus Italien konnte dabei zeigen, dass peripartal infizierte Mütter ihre Neugeborenen nicht nur passiv durch übertragene IgG-Antikörper schützen, sondern über Immunkomplexe der Muttermilch das neonatale Immunsystem auch aktiv stimulieren.
Säuglinge unter einem Jahr sind aufgrund ihres unreifen Immunsystems anfälliger für Infektionen mit Atemwegsviren. Nur in seltensten Fällen sind jedoch Neugeborene von Frauen mit asymptomatischen oder symptomatischen COVID-19-Infektionen mit dem Virus infiziert. Trotz des engen Kontakts mit ihren Müttern erkranken nur die wenigsten Neugeborenen bei der Geburt oder in den ersten Lebensmonaten.
Potenzielle Übertragungswege scheinen dabei transplazentär, unter Geburt oder über Tröpfchen und Atemwegssekrete in der frühen postnatalen Phase zu sein. Da es keine Hinweise auf eine Übertragung von SARS-CoV-2 durch das Stillen gibt, wird das Anlegen weiterhin empfohlen. Neben ernährungsphysiologischen Vorteilen für die kindliche Entwicklung scheint die Muttermilch nämlich einen zusätzlichen Immunschutz gegen SARS-CoV-2 zu bieten.
Die in der italienischen Kohortenstudie beobachteten schwangeren Frauen, die zum Zeitpunkt der Entbindung mit SARS-CoV-2 infiziert waren, verfügten über keine spezifischen Serumantikörper und waren somit nicht in der Lage, den Schutz auf den Fötus zu übertragen. Um eine Übertragung neu gebildeter Antikörper durch die Muttermilch zu untersuchen, analysierte die Forschungsgruppe die mukosale Antikörperproduktion während der ersten 2 Lebensmonate bei 28 Säuglingen, deren Mütter mit SARS-CoV-2 infiziert waren. 21 Mutter-Kind-Paare schlossen die Studie nach 2 Monaten ab. Bei den Kindern stellten die Forscher erwartungsgemäß fest, dass IgG-Antikörper gegen das Virus über die Muttermilch in das Blut der Babys übergegangen waren. Die von der Mutter als Reaktion auf die COVID-19-Infektion gebildeten Antikörper führten somit zu einer passiven Immunität.
Doch eine andere Klasse von Immunglobulinen in der Muttermilch regte laut Studie die aktive Immunität der Neugeborenen an. Die Forschungsgruppe geht davon aus, dass die in der Muttermilch enthaltenen IgA-Spike-Immunkomplexe die mukosale Immunantwort des Säuglings stimuliert haben könnten. Im Vergleich zu Säuglingen infizierter Mütter, die mit Säuglingsnahrung gefüttert wurden, wiesen die gestillten Kinder in ihrem Speichel hohe Werte an selbst produzierten IgA-Antikörpern gegen das Virus auf.
Anknüpfend an ihre Ergebnisse führen die Forscher nun weitere Studien durch, um herauszufinden, ob durch den Impfstoff hervorgerufene Antikörper in der Muttermilch dieselbe Wirkung haben.
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