Zum Schutz von Organen bei längeren Phasen der Ischämie scheint die ischämische Präkonditionierung eine wichtige Rolle zu spielen. So können die Organe zumindest eine zukünftige Toleranz aufbauen.
Das Phänomen der ischämischen Präkonditionierung (IPC) wurde bereits 1986 von Murry und Mitarbeitern beschrieben: Hunde wurden kurzen Koronararterienverschlüssen, gefolgt von kurzen Reperfusionsphasen ausgesetzt (IPC), bevor ein länger anhaltender Verschluss der Koronararterie mit entsprechendem Gewebeschaden (Infarkt) induziert wurde. Im Vergleich zu den Kontrolltieren ohne IPC wiesen Hunde mit IPC signifikant kleinere Infarktbereiche im Herzen auf. Basierend auf dieser grundlegenden Arbeit wurde in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt, dass ein mehrmaliges Aufblasen einer Blutdruckmanschette am Oberarm ebenfalls einen schützenden Effekt auf zahlreiche Organe ausübt.
Der entsprechende Prozess wurde als entfernte, also „remote“ ischämische Präkonditionierung (RIPC) bezeichnet. IPC und RIPC könnten von hoher klinischer Relevanz sein, allerdings sind die zugrundeliegenden Mechanismen bis heute nur unzureichend verstanden. Ebenfalls unklar ist, ob sich die Schutzeffekte der IPC und RIPC durch ein Wiederholen der Prozedur (chronische RIPC, cRIPC) verstärken lassen.
Einem interdisziplinären Forschungsteam des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und der Christian-Albrechts-Universität Kiel gelang es nun in einem translationalen Ansatz wichtige Aspekte der noch ungeklärten Fragen zur RIPC zu untersuchen. Im Rahmen ihrer Studie applizierten die Forscher gesunden Probanden eine tägliche RIPC über den Zeitraum von sieben Tagen und isolierten zu Beginn als auch am Ende des Experimentes Blutplasma und Blutzellen (Monozyten). Es folgten Analysen der im Blut zirkulierenden Faktoren, Charakterisierungen der Oberflächenrezeptoren der isolierten Monozyten sowie funktionelle In-vitro-Untersuchungen zur Beurteilung des gefäßinduzierenden Potentials der entsprechenden Blutplasmaproben.
Die Ergebnisse ihrer Studie interpretieren die Autoren dahingehend, dass der kardiovaskuläre Schutz durch RIPC und cRIPC über eine Regulierung von Blutplasmazytokinen sowie über Veränderungen der Zelloberflächeneigenschaften von Monozyten vermittelt werden könnte. Die Daten deuteten darauf hin, dass eine Kombination aus im Blut zirkulierenden sowie zellulären Faktoren für die durch RIPC sowie cRIPC vermittelten Wirkungen verantwortlich sein könnte. Allerdings scheinen die jeweiligen Patienten und ihre unterschiedlichen Vorerkrankungen eine wichtige Rolle bei der Wirksamkeit der Präkonditionierung zu spielen.
Die Forscher des interdisziplinären Teams folgern in ihrer Studie weiter: „Obwohl davon auszugehen ist, dass RIPC und cRIPC nicht bei allen Patienten positive Auswirkungen haben wird, ist die Methode kostengünstig, einfach anzuwenden und nicht mit schwerwiegenden Nebenwirkungen verbunden. Auf dieser Grundlage erscheint es logisch, die Grundlagenforschung zu den beteiligten Mechanismen weiter voranzutreiben, um gezielt die Patienten auszuwählen, die von einer entsprechenden Behandlung profitieren, oder um die Wirksamkeit der Methode durch eine Kombination von RIPC/cRIPC mit anderen pharmakologischen oder chirurgischen Maßnahmen zu erhöhen.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikum Schleswig Holstein. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
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