Die COVID-19-Pandemie befeuert ein gewichtiges Problem: Immer mehr Menschen sind adipös, auch in Deutschland. Der Leidensdruck und die Folgen der Erkrankung sind nicht zu unterschätzen. Was Ärzte dagegen tun können.
In Deutschland sind etwa zwei Drittel der Männer und Frauen von Übergewicht und etwa ein Viertel von Adipositas betroffen, Tendenz steigend. Während der Corona-Pandemie hat sich dieser Trend sogar noch verstärkt: 39 Prozent der Deutschen haben im Durchschnitt 5,6 Kilo zugenommen, bei Menschen mit Adipositas waren es sogar 7,2 Kilogramm.
„Adipositas geht mit einem hohen Leidensdruck einher. Die Betroffenen sind tagtäglich Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt, zum Beispiel in der Familie, am Arbeitsplatz, in den Medien aber auch im Gesundheitssystem“, sagt Prof. Sebastian M. Meyhöfer, Leiter der Abteilung Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel am UKSH, Campus Lübeck. „Die Therapie der Adipositas ist zudem langwierig und nicht immer finden die Betroffenen adäquate Hilfe in Form einer wissenschaftlich fundierten und individuell angepassten Behandlung, um dauerhaft Gewicht zu reduzieren“, ergänzt er.
Menschen mit Adipositas leiden zudem unter vielen körperlichen Folgen. So haben Betroffene ein besonders hohes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln. „Sie haben sechs- bis zehnmal so häufig Typ-2-Diabetes wie Normalgewichtige“, sagt Meyhöfer. Adipositas ist zudem Mitverursacher für gesundheitliche Folgen wie Fettleber, Bluthochdruck oder Herz- und Gefäßerkrankungen sowie Risikofaktor für einen schweren Verlauf von COVID-19. Adipositas verkürzt je nach Schweregrad das Leben um bis zu zehn Jahre. Viele dieser frühzeitigen Todesfälle ließen sich durch verhältnispräventive Maßnahmen verhindern.
Maßnahmen wie eine Besteuerung ungesunder Lebensmittel, verbindliche Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung oder ein Verbot von an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel und Getränke sind aus Sicht der Fachgesellschaften ein wichtiger Schritt zur Eindämmung der Adipositas. „Außerdem braucht es ein strukturiertes Behandlungsprogramm zur Behandlung der Adipositas“, sagt Prof. Jens Aberle, designierter Präsident und Vizepräsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft.
Im Rahmen eines solchen Disease Management Programms (DMP) hätten Betroffene die Möglichkeit einer kontinuierlichen, strukturierten, qualitätsgesicherten Versorgung und Behandlung in einem multimodalen und multiprofessionellen Behandlungssetting über alle Sektoren der Versorgung im Gesundheitssystem hinweg. „Ein solches DMP würde die Versorgung von Menschen mit Adipositas deutlich verbessern und damit die Zahl der Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes reduzieren“, ergänzt Aberle.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
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