Die Delta-Variante von SARS-CoV-2 mischt in der Pandemie ordentlich mit: Durchbruchsinfektionen werden häufiger. Aber wie sieht es mit der Verbreitung über Geimpfte aus?
Die Impfung gegen SARS-CoV-2 soll nicht nur uns selbst vor schweren Infektionen schützen, sondern auch unsere Mitmenschen. Durch die Delta-Variante hat sich jedoch einiges geändert – es ist noch nicht ganz klar, inwieweit die Impfung auch vor Transmission schützt. Eine Preprint-Studie liefert diesbezüglich sowohl positive als auch negative Nachrichten: So zeigt die Studie, dass Menschen, die sich mit der Delta-Variante infizieren, das Virus mit geringerer Wahrscheinlichkeit an ihre engen Kontaktpersonen weitergeben, wenn sie bereits einen COVID-19-Impfstoff erhalten haben. Diese Schutzwirkung ist jedoch relativ gering und lässt drei Monate nach Erhalt des vollständigen Impfschutzes nach. Die Rolle der Booster-Impfung rückt damit wieder in den Vordergrund.
Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass Menschen, die sich mit der Delta-Variante infizieren, ungefähr die gleiche Viruslast in der Nase aufweisen, unabhängig von ihrem Impfstatus. Das deutet zwar darauf hin, dass Geimpfte und Ungeimpfte gleichermaßen ansteckend sein könnten, jedoch zeigen die Studien auch, dass geimpfte Personen das Virus mit geringerer Wahrscheinlichkeit verbreiten. Denn die Viruslast sinkt schneller als die der ungeimpften Infizierten und auch die nasalen Abstriche enthalten geringere Mengen an infektiösem Virus.
Bei der genannten Untersuchung handelt es sich um eine retrospektive Kohorten-Studie, in der die Kontakte von SARS-CoV-2-Infizierten ebenfalls erfasst wurden. Die Beobachtungen umfassen den Zeitraum von Januar bis Juli 2021, in dem die Varianten Alpha und Delta um die Dominanz im Vereinigten Königreich konkurrierten. Insgesamt wurden 146.243 Kontakte von 108.498 infizierten Indexfällen untersucht: 54.667 der Kontakte (37,4 %) wiesen positive PCR-Testergebnisse auf SARS-CoV-2 vor.
Die Autoren fanden heraus, dass die Impfungen zwar einen Schutz vor Infektionen und Übertragungen gegen das Virus boten, jedoch dämpfte die Delta-Variante diesen Effekt. Eine vollständig geimpfte Person, die eine Durchbruchsinfektion mit der Delta-Variante vorwies, hatte eine fast doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit, das Virus zu übertragen wie eine vollständig geimpfte Person, die mit der Alpha-Variante infiziert war.
Zwei Dosen von BNT162b2- oder ChAdOx1-Impfstoffen bei Alpha-Index-Fällen waren mit einer verringerten PCR-Positivität bei Kontaktpersonen verbunden. Dabei wurde ein adjustiertes Rate Ratio der Geimpften gegenüber den Ungeimpften von 0,32 (95 % CI: 0,21 bis 0,48) und 0,48 (95 % CI: 0,3 bis 0,78) bestimmt. Die Delta-Variante schwächte hingegen impfassoziierte Reduktionen der Transmission ab: Zwei Dosen des Biontech-Impfstoffs reduzierten die Übertragung mehr als zwei Impfungen des Astrazeneca-Impfstoffs. Dabei wurde ein adjustiertes Rate Ratio von 0,5 (95 % CI: 0,39 bis 0,65) für BNT162b2 und 0,76 (95 % CI: 0,7 bis 0,82) für ChAdOx1 bestimmt.
Der positive Effekt der Impfung, der die Transmission von Delta unterbindet, nahm im Laufe der Zeit außerdem deutlich ab: So wurde die Wahrscheinlichkeit, das Virus zu übertragen zwei Wochen nach Erhalt des AstraZeneca-Impfstoffs um 24 Prozent reduziert und nach drei Monaten nur noch um 2 Prozent. Für Biontech lag die Wahrscheinlichkeit bei Geimpften nach zwei Wochen bei 50 Prozent und sank nach drei Monaten auf 24 Prozent. Im Vergleich dazu sank die Wahrscheinlichkeit des Schutzeffekts gegen Alpha-Transmissionen bei Comirnaty® von 68 Prozent auf 52 Prozent und bei ChAdOx1 von 52 Prozent auf 38 Prozent nach drei Monaten.
„Es gibt einen sprunghaften Wandel zwischen Alpha und Delta, aber dann gibt es auch einen Wandel im Laufe der Zeit“, sagt Co-Autor David Eyre, Epidemiologe an der University of Oxford. Die Ergebnisse „erklären möglicherweise, warum wir trotz weit verbreiteter Impfungen so viele Weiterübertragungen von Delta gesehen haben“. Aber sie bieten auch die „faszinierende Möglichkeit, dass, wenn man eine Booster-Kampagne durchführt, um Einzelpersonen zu schützen, diese auch die Übertragung reduzieren kann“, sagt Eyre.
Wie jede Studie hat auch diese ihre statistischen und methodischen Limitationen und kann nicht als alleiniger Beweis angesehen werden. Die Forscher betonen selbst, dass Ct-Werte und PCR-Tests allein nicht ausreichen, um die Infektiosität und Transmission zu beurteilen. Jedoch legt die Studie einen Fokus auf die Übertragung der Delta-Variante bei Geimpften sowie auf die Dauer des Transmissionsschutzes, die bisher nicht allzu ausführlich untersucht wurden. Dabei werfen Booster-Kampagnen eine neue Unsicherheit auf, so Stephen Riley, Forscher für Infektionskrankheiten am Imperial College London. Vollständig geklärt sei bisher noch nicht, „ob der Schutz vor Infektiosität nach der dritten Dosis im gleichen Maße nachlassen wird“.
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