Antigen-Schnelltests sind allgegenwärtig: Ein Abstrich reicht aus, um schnell eine mögliche Infektion festzustellen. Doch wie lassen sich solche Test für Fragen abseits von Corona nutzen?
Das Grundprinzip von Teststreifen, wie sie für Corona- oder Schwangerschaftstests genutzt werden, ist simpel. Die Analyte – wie zum Beispiel das Coronavirus-Material – werden in wässrigen Medien gelöst, dann mit Markern gemischt und auf ein Trägermedium gegeben, auf dem sie bis zur Test- und Kontrolllinie wandern. Einerseits binden sich die Analyte an den Marker, der aus einer Farbmarkierung und dem Antikörper besteht, anderseits an den Antikörper an der Testlinie. Dabei sind die Antikörper so aufgebaut, dass sie selektiv d. h. möglichst nur einen Analyten, wie das Coronavirus-Protein, binden. Durch das Anreichern der Marker auf den Linien verfärben sich diese und der Test lässt sich auslesen.
Aufbauend auf diesem Grundprinzip haben es sich Forscher des Göttinger Instituts für Nanophotonik (IFNANO) zum Ziel gesetzt, weitere Verfahren zu entwickeln, mit denen sich auch sehr niedrige Konzentrationen von Stoffen nachweisen lassen. Gefragt sind solche Methoden nicht nur in der Human-, sondern auch in der Tiermedizin.
Bei ihrem neuen Ansatz bedienen sich die Wissenschaftler für die Schnelltests der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie. Das Signal von Molekülen, die sich sehr nah an nanometergroßen Gold- oder Silberpartikeln befinden, wird dabei enorm verstärkt. „Größe und Form der Edelmetall-Nanopartikel sowie die Wellenlänge des eingestrahlten Lichts sind entscheidend für diese Signalverstärkung“, erklärt IFNANO-Abteilungsleiter Dr. Hainer Wackerbarth.
„Speziell bei Gold und Silber ist die Erzeugung sogenannter Oberflächenplasmonen besonders ausgeprägt, so dass die Verstärkung des Lichtfeldes an der Oberfläche erfolgen kann.“ Mit der Größe der Partikel hängt es auch zusammen, dass die Testlinien mit Goldnanopartikeln rosa-violett erscheinen.
Im Veterinärbereich hatte das Forschungsteam mit seinem innovativen Ansatz bereits Erfolg: Beim Nachweis von Cortisol, dessen Vorkommen – je nach Konzentration – Hinweis auf Wohlbefinden oder Stress bei Rindern gibt. Das Muster der Farbintensität der rosagefärbten Test- und Kontrolllinie korreliert mit der Cortisol-Konzentration. „Hohe Cortisolwerte geben Landwirt oder Tierarzt Hinweise darauf, dass die Tiergesundheit im Auge behalten werden muss“, so Wackerbarth.
Bei der entwickelten Methode wird mit einem Auslesegerät (Raman-System) der Test mit Laserlicht bestrahlt und das rückgestreute Licht, das die Informationen enthält, mit einem Detektor aufgefangen. „Anhand eines Cortisol-Tests konnte gezeigt werden, dass sich das entwickelte Verfahren zur quantitativen Analyse sowie ebenfalls für einen Test zum Nachweis verschiedener Analyte eignet“, betont Wackerbarth. Mit dem Auslesegerät wird das Trägermaterial mit Test- und Kontrolllinie mit einen Linienstrahl, statt wie üblich einem Punktförmigen, abgerastert. „Ziel dieses optischen Aufbaus ist die Verbesserung der Nachweisgrenzen und eine höhere Reproduzierbarkeit bei der quantitativen Bestimmung“, erklärt Wackerbarth.
Ziel der Forscher ist es außerdem, mit Hilfe der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie einen praxistauglichen Test zur Bestimmung von Substanzen mit einer Konzentration im Picogramm-Bereich zu entwickeln; das entspricht einem billionstel Gramm. „Mit der gleichzeitigen Bestimmung mehrerer ausgewählter Substanzen, darunter Interleukin-8, wollen wir Praktikern per Schnelltest vor Ort differenzierte Aussagen zum Gesundheitszustand ermöglichen“, erklärt Wackerbarth.
Auch am Forschungszentrum für Medizintechnik und Biotechnologie in Bad Langensalza (fzmb) steht bei der Arbeit an Schnelltests im Fokus, mehrere Analyten aus einer einzigen Probe zu bestimmen. Dazu gehören die Diagnostik von Autoimmun-, Stoffwechsel- und Infektionskrankheiten, Allergie- und Nahrungsmittelunverträglichkeitstests sowie Krebsanalytik und Biomarkersuche.
Die Auswertesysteme soll die automatisierte, spezifische Analyse auf verschiedenen Trägerformaten wie Mikrotiterplatten, Objektträgern, Membranen und kundenspezifischen Biosensoren ermöglichen. Als konkrete künftige Einsatzgebiete für die Schnelltests strebt das fzmb u. a. das Erkennen autoimmuner Schädigungen von Gehirnfunktionen beim Menschen an.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Zuse-Gemeinschaft.
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