Eine Forschergruppe publizierte bereits 2016 eine Studie, im Zuge derer Probanden Stickstoffdioxid ausgesetzt wurden. Kritikpunkt: Geldgeber war die gleiche Organisation wie bei den Affenexperimenten der Autoindustrie. In einer Pressemitteilung verteidigt sich die RWTH Aachen.
Eine Mitte 2016 in den International Archives of Occupational and Environmental Health veröffentlichte Studie sorgt plötzlich für gewaltige Schlagzeilen. Forscher der RWTH Aachen, der TU München und der LMU München wollten wissen, welche gesundheitlichen Folgen niedrig dosierte Stickoxide auf Menschen haben. Erstautor ist Dr. Peter Brand vom Uniklinikum Aachen.
Für ihr Experiment setzten die Forscher 25 Probanden über drei Stunden hinweg Stickoxid-Konzentrationen von 0, 0,1, 0,5 und 1,5 ppm aus. Im Crossover-Design wurden die Gruppen während vier aufeinander folgender Wochen gewechselt. Anschließend bestimmten Ärzte die Lungenfunktion und Entzündungsparameter im Blut. Nasensekrete, Sputum und die ausgeatmete Luft wurden ebenfalls untersucht. Von allen Lungenfunktionsparametern war nach Gabe von mindestens 0,5 ppm Stickstoffdioxid nur das intrathorakale Gasvolumen erhöht. Der Wert ist ein Maß für die nach normaler Ausatmung in der Lunge verbleibende Luftmenge. Als Vergleich diente die Gruppe mit 0,1 ppm NO2. Außerdem nahm die Makrophagenkonzentration im induzierten Sputum mit steigender NO2-Konzentration ab. „Diese Ergebnisse deuten nicht auf eine beträchtliche akute unerwünschte Reaktion bei Menschen nach 3 h Exposition gegenüber NO2 im Konzentrationsbereich hin, der in dieser Studie untersucht wurde“, fasst Brand im Artikel zusammen. Das Thema ist medizinisch wenig bahnbrechend, aber politischer Sprengstoff.
Wie aus dem Volltext zur Studie hervorgeht, hat die European Research Group on Environment and Health in the Transport Sector (EUGT) die Arbeiten von Brand finanziell unterstützt. Hier wird es interessant: Aus der gleichen Quelle kamen Gelder für die kürzlich bekannt gewordenen Affenexperimente, bei denen eine von Volkswagen, Daimler und BMW finanzierte Forschungseinrichtung Affen Stickoxiden ausgesetzt haben soll. Laut Recherchen des „Spiegel“ arbeite will das EUGT „Aus- und Wechselwirkungen zwischen Emissionen, Immissionen und Gesundheit intensiver untersuchen.“ Es falle auf, „(…) dass die von der Forschungseinrichtung unterstützten Studien eindeutige und für die Automobilkonzerne durchaus erfreuliche Ergebnisse lieferten“, schreibt das Nachrichtenmagazin.
In einer ausführlichen Stellungnahme setzt sich die RWTH Aachen zur Wehr und weist jeden Zusammenhang zum Abgasskandal von sich. Ziel sei gewesen, zu prüfen, „ob eine einmalige Exposition gegenüber NO2 in verschiedenen Konzentrationen unterhalb des früheren Grenzwerts zu biologischen Effekten bei gesunden Probanden führt“. Ihre Studie sehen die Autoren als Beitrag zur Arbeitssicherheit, um Bedingungen für LKW-Fahrer, Schweißer oder KFZ-Mechaniker zu optimieren. Menschen seien nicht zu Schaden gekommen. Gleichzeitig habe eine Ethikkommission allen Arbeiten zugestimmt.