Das Protein Periostin hat im Mausmodell negativen Einfluss auf die Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD): Sind die Proteinwerte stark erhöht, ist auch die Narbenbildung weit fortgeschritten. Eine mögliche Kombitherapie könnte gleichermaßen Ursache und Folgen der Krankheit behandeln.
Die Duchenne’sche Muskeldystrophie ist eine Erbkrankheit, von der schätzungsweise jeder 5.000. Mensch betroffen ist. Bereits im Kleinkindalter kommt es zum Muskelschwund am Becken und an den Oberschenkeln. Die Erkrankung endet im jungen Erwachsenenalter meist tödlich, weil dann die Herz- und Atemmuskulatur nicht mehr richtig arbeitet. Die Ursache der Erkrankung ist eine erblich bedingte Störung der Produktion des Muskelstrukturproteins Dystrophin. Der Mangel an diesem Protein führt zum Abbau der Muskelfasern, die durch Fett- oder Bindegewebe ersetzt werden.
Bisherige gentherapeutische Maßnahmen, dem Dystrophinmangel zu begegnen und damit die Ursache der Krankheit zu heilen, sind nicht sehr erfolgreich. „Offenbar genügt es nicht, nur die Dystrophinproduktion zu fördern“, berichtet Prof. Dr. Dieter Swandulla vom Institut für Physiologie II der Universität Bonn. Mit dem Muskelschwund ist nämlich eine starke Vermehrung des Bindegewebes in Form von Narbenbildung verbunden, die alle Bemühungen, neuen Muskel aufzubauen, zunichte macht. Das Team um Swandulla hat nun zusammen mit irischen Forschern der National University of Ireland in Maynooth und der Dublin City University herausgefunden, dass eine starke Vermehrung des Proteins Periostin mit der fortschreitenden Vernarbung bei der Duchenne-Muskeldystrophie in Zusammenhang steht. Die Wissenschaftler untersuchten die Erkrankung an einem speziellen Mausmodell, bei dem es am Zwerchfell zu einem der Duchenne-Dystrophie sehr ähnlichen Muskelschwund kommt. Das Team verglich die Proteinmuster der Duchenne-Mäuse mit einer Kontrollgruppe, die aus gesunden Mäusen bestand. Links: Muskeln einer gesunden Maus. Rot gefärbt ist das Muskelstrukturprotein Dystrophin. Rechts: Duchenne-Maus, bei der das wichtige Protein (rot) kaum vorhanden ist. Blau markiert sind Zellkerne. © M. Zweyer, Physiologie II/Uni Bonn
Hierfür extrahierten die Forscher die Proteine aus dem Zwerchfell, trennten sie voneinander und bestimmten sie analytisch. „Mit diesem Proteomic Profiling konnten wir die Proteine identifizieren, die krankheitsspezifisch verändert waren“, erläutert Swandulla. Besonders auffällig waren dabei stark erhöhte Werte für das Protein Periostin in den Duchenne-Mäusen. Dieser Befund lege nahe, dass Periostin entscheidend an der Vernarbung der Muskulatur bei der Muskeldystrophie Typ Duchenne beteiligt ist. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie mit diesem Befund einen interessanten Ansatzpunkt für neuartige Therapien gefunden haben. Swandulla schwebt eine Kombinationstherapie vor: „Wenn es gelingen würde, durch Gentherapie die Produktion des Muskelstrukturproteins Dystrophin anzukurbeln und gleichzeitig die Aktivität des Periostin-codierenden Gens zu hemmen, könnte möglicherweise der Muskelschwund gemildert und parallel dazu die störende Narbenbildung eingedämmt werden.“ Dieser Therapieansatz würde erstmals nicht nur die Ursache, sondern auch die gravierenden Folgeerscheinungen des Muskelschwunds zum Ziel haben und könnte in jedem Stadium der Erkrankung zum Einsatz kommen. Originalpublikation: Label-free mass spectrometric analysis of the mdx-4cv diaphragm identifies the matricellular protein periostin as a potential factor involved in dystrophinopathy-related fibrosis Dieter Swandulla et al.; Proteomics, doi: 10.1002/pmic.201400471; 2015