Klimakterische Beschwerden sind nicht zu unterschätzen. Sie schränken die Lebensqualität der Betroffenen oft stark ein. Aber wie steht es mit Medikamenten – sind Hormone noch up to date?
In einer Umfrage von Weidner et al. wurden 1.350 Frauen nach ihren Beschwerden im Klimakterium befragt. Die Angaben lesen sich wie ein Potpourri vasomotorischer Beschwerden. „Häufig klimakterisch kausalattribuierte Beschwerden treten ubiquitär in der deutschen weiblichen Allgemeinbevölkerung auf und sind mit Ausnahme der Hitzewallungen nicht auf die Lebensphase des Klimakteriums beschränkt“, so das semantisch komplexe Fazit der Autoren. Der Arzt sollte bei entsprechenden Beschwerden exakt analysieren, ob wirklich die Hormonverschiebung die kausale Ursache ist.
Aufgrund der deutlich gestiegenen Lebenserwartung erleben heute 95 Prozent aller Frauen ihre Menopause. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung werden also viele Frauen über 30 Jahre ihre Postmenopause auch erleben.
Symptome
Prozent (%)
Hitzewallungen, Schweißausbrüche
75
Nervosität, Reizbarkeit
70
Depressive Verstimmung
Müdigkeit, Lethargie, Leistungsabfall
Vergesslichkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen
65
Gewichtszunahme
60
Schlafstörungen
50
Gelenk- und Muskelschmerzen
Obstipation
40
Herzbeschwerden
Libidoverlust
30
Osteoporose
Schwindel
20
Der Berufsverband der Frauenärzte vertritt eine wohlwollende Einschätzung gegenüber der Hormonersatztherapie. „Fest steht, dass vasomotorische Wechseljahresbeschwerden mit dem Leitsymptom Hitzewallungen durch eine Hormonersatztherapie ursächlich wirksam behandelt werden können. Daneben können andere Beschwerden gelindert werden“, so der Berufsverband.
Bei Frauen ab einem Alter von 60 Jahren sollte eine Hormonersatztherapie unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung begonnen werden, da ab diesem Alter bei veranlagten Frauen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ansteigt. Ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs kann unter Langzeitanwendung einer Hormonersatztherapie (länger als 3–5 Jahre) nicht ausgeschlossen werden. Eine entsprechende Risikoerhöhung wurde für die Kombination von Östrogenen mit Gestagenen bei mehr als fünf jähriger Behandlung beobachtet. Dabei scheint die Behandlung Brustkrebs nicht initial auszulösen, sondern vorhandene Krebszellen zum Wachstum zu stimulieren.
Die Leitlinie empfiehlt, dass bei der Hormontherapie für jede einzelne Frau Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen werden sollen. Es gibt Frauen, für die der Nutzen überwiegen kann und die sich deshalb – abgestimmt mit ihrem behandelnden Arzt – für eine Hormonbehandlung entscheiden können.
Die Verordnung von Hormonen ging nach der Publikation einer Studie der Women's Health Initiative (WHI) im Jahr 2002 um 80 Prozent zurück. 15 Jahre später räumten Experten im New England Journal of Medicine ein, dass eine Hormontherapie das Brustkrebsrisiko nicht generell erhöht und ruderten zurück.
Eine Metastudie der Collaborative Group on Hormonal Factors in Breast Cancer wertete individuelle Daten von über 500.000 Frauen aus, darunter rund 144.000 Brustkrebs-Patientinnen und 425.000 Frauen ohne Brustkrebs. Wichtigste neue Erkenntnis: Bereits ab dem zweiten Anwendungsjahr haben Frauen, die zum Zeitpunkt der letzten Regelblutung eine Hormontherapie beginnen, ein signifikant höheres Brustkrebsrisiko als vergleichbare Frauen, die darauf verzichten. Bei dauerhafter Anwendung nehmen sie zudem ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombose und Gallenwegserkrankungen in Kauf. Die Höhe der Risiken korreliert mit der Auswahl der Hormone und der Anwendungsdauer.
Viel entspannter sieht das die Gesellschaft für Endokrinologie. Entgegen der vorherrschenden Bedenken sollten Frauen mit Wechseljahresbeschwerden viel häufiger eine Hormontherapie erhalten, empfiehlt sie.
Als Hauptsymptome im Klimakterium wird über Hitzewallungen und verstärktes Schwitzen geklagt. Bisher gab es dagegen Hormone oder Phytopharmaka mit heterogener Datenlage. Nach langer Zeit kommen demnächst zwei neue Substanzen auf den Markt, die sich in Studien gegen die vasomotorischen Beschwerden als hochwirksam erwiesen haben. Beide sind Vertreter einer neuen Substanzklasse, die keinerlei hormonelle Wirkung haben: Elinzanetant und Fezolinetant sind Neurokinantagonisten.
Durch den Ausfall des negativen Feedbacks der Estrogene steigt im Hypothalamus die Produktion des Gonadotropin-Releasing-Hormons. Die vermehrt aktiven NKB-Neurone (Kisspeptin-neurokinin B) sind mit der Area praeoptica (POA) vernetzt, die unter anderem für die Thermoregulation zuständig ist. Hier greifen die Neurokin-B-Antagonisten an.
Elinzanetant ist ein dualer Neurokin-1- und -3-Antagonist. Der hormonfreie Wirkstoff beeinflusst östrogensensitiven Neuronen im Hypothalamus, die im Klimakterium überaktiv sind. Eine Analyse von Pawsey et al. brachte erste, vielversprechende Ergebnisse. Elinzanetant konnte in der Studie im Vergleich zu Placebo vasomotorische Symptome wie Hitzewallungen signifikant senken und zwar ab dem ersten Behandlungstag. Bei einer Hormonersatztherapie erfolgt der Wirkungseintritt hingegen erst nach von Wochen oder Monaten.
Eine Studie von Menown et al. attestierte ebenfalls eine gute Wirkung gegen die Hot Flushes. Elinzanetant wird jetzt in der klinischen Phase III überprüft. In der Oasis-Studie erhalten die Probandinnen täglich eine Einmaldosis von 120 mg Elinzanetant oral. Man darf auf die Ergebnisse gespannt sein.
Fezolinetant ist ebenfalls ein Neurokinantagonist. Er greift aber, anders als sein Mitbewerber, ausschließlich am Subtyp-3 des NK-Rezeptors an. In der randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden Dosisbereichsstudie (VESTA) wurde die Wirksamkeit untersucht. In der 12-wöchigen Studie erhielten 352 postmenopausale Frauen mit Hitzewallungen Fezolinetant in verschiedenen Dosierungen oder Placebo.
Unabhängig von der Fezolinetantdosierung erzielten über 80 Prozent der Teilnehmerinnen eine mindestens 50 prozentige Reduktion moderater oder schwerer vasomotorischer Beschwerden. Bei mehr als der Hälfte der Frauen trat sogar eine Reduktion um mindestens 90 Prozent auf. Unter Fezolinetant (2 x 90 mg/Tag) dauert es durchschnittlich 2,2 Tage, um eine 50 prozentige Reduktion der Beschwerden zu erreichen.
Trotz der hoffnungsvollen Ansätze mit Neurokinantagonisten sind noch zahlreiche Fragen offen. Wie wirken sich die Substanzen auf Schlafstörungen, Muskel- und Gelenkbeschwerden und sexuelle Funktionen aus? Auch die Wirksamkeit und Sicherheit bei neurologischen Vorerkrankungen, die Verträglichkeit einer Langzeitanwendung und Interaktionen mit anderen Medikamenten müssen geklärt werden.
Klimakterische Hitzewallungen sind kein Bagatellsyndrom, sie mindern die Lebensqualität erheblich.
Bildquelle: Elle Hughes, Unsplash