Etwa 600.000 Diabetiker haben einen Migrationshintergrund. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft klärt daher über kultursensible Betreuung auf und gibt Hilfestellungen für Ärzte.
Zahlreiche Studien bestätigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund je nach Herkunftsregion deutlich häufiger, früher und stärker von Typ-2-Diabetes betroffen sind als die restliche Bevölkerung. Viele der Migranten hierzulande stammen aus der Türkei, Polen, Russland oder aus Nordafrika – Regionen, bei denen in den nächsten Jahren mit einer besonders hohen Zunahme der Inzidenz an Diabetes gerechnet wird. „Da die kulturelle Vielfalt auch in den meisten Fällen eine Herausforderung bei der medizinischen Versorgung mit sich bringt, ist es umso wichtiger, sich mit den Besonderheiten bei der Diabetes- und Adipositasbehandlung von Migranten hinreichend auszukennen“, erklärt Prof. Werner Kern, Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG).
„Aus Angst durch Krankschreibungen oder andere medizinische Maßnahmen den Arbeitsplatz zu verlieren, werden Arztbesuche und Vorsorgeuntersuchungen von den Betroffenen oft nicht wahrgenommen“, so Kern. Dies führt dazu, dass Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund häufig unzureichend versorgt sind und damit auch Adipositas oder andere damit verbundene Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder erhöhte Blutfettwerte häufig lange Zeit unentdeckt und unbehandelt bleiben.
Rein medizinisch gesehen, gibt es bei der Behandlung des Diabetes keinen Unterschied zwischen Migranten und in Deutschland geborenen Patienten. Dennoch gibt es kulturspezifische Besonderheiten, die im Sinne einer optimalen Therapie beachtet werden sollten. „So wird in manchen Kulturen eine Krankheit als Schicksal, Sühne oder Prüfung Gottes gesehen, die geduldig ertragen werden muss. Die Patienten haben Skrupel zu verändern, was Gott ihnen gegeben hat“, so Kern.
Auch religiöse Einflüsse spielen eine wichtige Rolle. „So kann beispielsweise der Fastenmonat Ramadan für das Diabetes-Team und den Patienten eine echte Herausforderung darstellen – vor allem, wenn Insulin und blutzuckersenkende Medikamente verwendet werden, die ein hohes Risiko für Unterzuckerungen bergen.“
Sprachbarrieren können ebenso ein großes Problem darstellen. „Häufig sprechen Patienten Probleme aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht an. Manchmal kommt es auch dazu, dass Angehörige oder Dolmetscherinnen oder Dolmetscher komplexe medizinische Zusammenhänge nicht richtig übersetzen können und dadurch Informationen verloren gehen“, ergänzt der Experte.
Behandelnde Ärzte und Fachkräfte sollten bei der Diagnose, Therapie, Beratung und Schulung von Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund auf diese Unterschiede und Bedürfnisse eingehen. Aus diesem Grund veranstaltet die DDG im Vorfeld zur Diabetes Herbsttagung im November eine Online-Pressekonferenz am 27. Oktober. 2021 von 12–13 Uhr.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft.
Bildquelle: Sharon McCutcheon, unsplash.