Ein Start-up der Universität Bayreuth hat einen Sensor für Patienten mit Inkontinenzproblemen entwickelt. Er zeigt den aktuellen Füllstand der Harnblase auf dem Smartphone an.
In Deutschland leiden etwa 10 Millionen Menschen an einer Form sensorischer oder motorischer Blasendysfunktion. Dabei können sowohl sensorische als auch motorische Dysfunktionen unabhängig voneinander oder in Kombination auftreten und unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Bei einer sensorischen Blasendysfunktion spüren Betroffene den aktuellen Füllstand ihrer Blase nicht. Die Folge: ungeplanter Urinverlust, eventuell Inkontinenz. Leiden Betroffene dagegen unter einer motorischen Blasendysfunktion, fehlt die Kontrolle über den eigenen Blasenfüllstand, wodurch es zum Urinrückstau kommen kann. Durch die Blockierung der Harnröhre staut sich der Urin in der Blase an und überdehnt die Blasenwand, wodurch keine vollständige Entleerung mehr stattfinden kann. Das hat chronische gesundheitliche Folgen, denn ein Rückstau des Urins in den Harnleiter bis hin zur Niere kann zu vollständigem Nierenversagen führen.
Eine hochgradige oder vollständige Blasendysfunktion erfordert eine umgehende Entleerung der Blase – entweder durch einen Toilettengang zu festgesetzten Zeiten oder die Katheterisierung der Blase. Dies stellt eine deutliche Einschränkung im Leben der Betroffenen dar, da sie unabhängig vom wahren Füllstand ihrer Blase und unabhängig von der Situation ihre Blase entleeren müssen.
Betroffen sind vor allem Menschen mit Querschnittslähmung, Multipler Sklerose, einer Neoblase (bspw. nach Blasenkrebsbehandlung) sowie Personen höheren Alters. Um ihnen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, hat ein Start-up der Universität Bayreuth einen Sensor mit einer Kombination aus Infrarotspektroskopie und Machine-Learning-Algorithmen entwickelt.
Der non-invasive Sensor wird durch einen Bauchband, ein Pflaster oder an die Unterwäsche geklippt und befindet sich einige Zentimeter über dem Schambein. Er besteht aus sechs LEDs, die in verschiedenen Wellenlängen des Nahinfarotbereichs in Richtung der Blase in den Bauchraum strahlen. Der Sensor soll über den gesamten Tag hinweg getragen werden können, wodurch der Blasenfüllstand kontinuierlich gemessen werde.
Dadurch, dass unterschiedliche Gewebearten im Körper das Licht der LEDs unterschiedlich zurückwerfen, erfasst der Fotosensor Variationen in Stärke und Zusammensetzung des Lichts. Diese Variationen werden interpretiert und ein Machine-Learning-Algorithmus berechnet den aktuellen Blasenfüllstand sowie die Zeit der nächsten Blasenentleerung. Diese Informationen werden an eine zugehörige App auf das Smartphone, eine Smartwatch oder auf ein anderes Empfängermedium gesendet. Wird ein kritischer Füllstand erreicht, wird die betroffene Person über die App informiert. Das Start-up hat bei einem Wettbewerb des Bundeswirtschaftsministeriums jetzt ein Fördergeld erhalten, mit dem weiter geforscht werden soll.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Bayreuth.
Bildquelle: Possessed Photography, Unsplash