Durchbruch bei der Behandlung von metastasierendem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs? Einem Forscherteam gelang er – mithilfe einer Immuntherapie mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL).
Nicht-kleinzellige Lungenkarzinome oder kurz NSCLCs machen ca. 75 % aller Bronchialkarzinome aus. Leider wird der Krebs häufig erst spät entdeckt, da richtungsweisende Symptome oft erst im fortgeschrittenem Krankheitsstadium auftreten. Da der Krebs dann bereits inoperabel ist und metastasiert, sind die Überlebenschancen für die Patienten niedrig.
Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei NSCLCs um immunologisch „kalte“ Tumore handelt, die nicht gut von Immunzellen durchdrungen werden können. So sind diese sehr resistent gegenüber normaler Immuntherapie. Neue Ansätze zielen also darauf ab, die Infiltration des Tumorgewebes durch aktivierte und tumorspezifische T-Zellen zu ermöglichen.
Eine Möglichkeit: Die adoptive Immuntherapie mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL). Dabei werden aus entnommenem Tumorgewebe des Patienten T-Zellen extrahiert, die den Tumor bereits infiltriert haben, jedoch nicht in genügender Anzahl vorhanden sind, um diesem signifikant zu schaden. Diese TIL werden dann ex-vivo vermehrt und dem Patienten wieder zugeführt. So kann das Immunsystem der Patienten den Tumor gezielt und effektiv angreifen.
Kombiniert wird das Verfahren mit einer unterstützenden Anti-PD-1-Immuntherapie, die die Immunevasion des Tumors unterbinden soll.
Bisher konnte die adoptive Immuntherapie mit TIL schon erfolgreich zur Behandlung von metastasierendem Hautkrebs eingesetzt werden. Weitere Erfolge konnten bei der Behandlung von Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Darmkrebs und Cholangiokarzinomen erzielt werden. In einer neuen Studie in der Zeitschrift Nature Medicine wurde das Potential dieser Behandlung nun erstmals für metastasierenden NSCLC evaluiert. Das Primärziel der Studie bestand zunächst darin, die Sicherheit und Machbarkeit der Behandlung abzuschätzen. Aber auch inwiefern die Patienten auf die Behandlung ansprachen wurde betrachtet.
In der Phase-1-Studie wurden 20 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC begleitet. Zunächst wurden die Patienten mit einer Anti-PD-1-Monotherapie mit Nivolumab behandelt. Diejenigen Patienten bei denen der Krebs trotz Immuntherapie fortschritt – dies waren 16 der urprünglichen 20 – wurden zunächst einer Lymphozytendepletion mit Cyclophosphamid und Fludarabin unterzogen. In Folge wurden ihnen die autologen TIL verabreicht. Die Behandlung mit Nivolumab wurde ebenfalls unterstützend fortgeführt.
Die ursprüngliche Kohorte bestand dabei zur Hälfte aus aktiven oder ehemaligen Rauchern; das mittlere Alter betrug 54 Jahre. Vorwiegend handelte es sich um Adenokarzinome.
Die Forscher konnten ihr Primärziel erreichen: Die Rate von schwerer Toxizität betrug am Ende weniger als 17 %; die Methode ließ sich dementsprechend als generell sicher einstufen. Es kam jedoch häufig zu Übelkeit, Durchfall und Fieber – zurückzuführen war dies auf die Chemotherapie vor der TIL-Infusion. Zwei Patienten, deren Gesundheitszustand allerdings schon zu Beginn der Chemotherapie sehr schlecht war, überlebten die Behandlung nicht.
Dafür schlug die Therapie bei den anderen Probanden an. Von insgesamt 13 evaluierbaren Patienten konnte bei 11 eine Regression der Tumorgröße verzeichnet werden, im Schnitt um 35 %. Besonders spektakulär: Bei zwei Patienten konnte sogar eine komplette, auch nach 1,5 Jahren anhaltende Remission erreicht werden.
Neben der starken physiologischen Belastung durch die Lymphozytendepletion vor Gabe der TIL stellt die Dauer der Behandlung ein Problem dar: Die Kultivierung und Vermehrung der T-Zellen dauert mit ca. 8 Wochen sehr lange – Zeit, die Patienten mit einer sehr schnell fortschreitenden Erkrankung mitunter nicht mehr haben.
Die Forscher weisen weiterhin darauf hin, dass die Probandengruppe nicht den klinischen Alltag abbildet. So befanden sich in der Gruppe beispielsweise mehr Nichtraucher als üblich, die weniger schwere Nebeneffekte hatten. In der tatsächlichen Praxis dürften schwere Nebenwirkungen demnach häufiger auftreten als in dieser Studie.
Trotz Limitationen ist das Ergebnis spektakulär: Zwei Patienten konnten dauerhaft geheilt werden; bei dieser ansonsten sehr aggressiven Krebsart ungewöhnlich. Es konnte also demonstriert werden, dass die adoptive Immuntherapie mit TIL generell sicher und wirksam ist und – bei den richtigen Patienten – eine neue Strategie gegen metastasierenden Lungenkrebs darstellen könnte.
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