Ein bis zwei Nickerchen pro Woche können das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verringern. Warum neben der Dauer auch die Häufigkeit eine Rolle spielt.
Schichtdienste, lange Arbeitszeiten und Überstunden: Der Berufsalltag von Medizinern ist stressig und beeinträchtigt die Schlafgewohnheiten. Ergibt sich die Gelegenheit, greift sicher so mancher gerne zum altbewährten Gegenmittel – dem Nickerchen, um auch am Tag Schlaf nachzuholen. Doch wie wirken sich diese eigentlich auf die Gesundheit aus? Der Zusammenhang von Nickerchen und kardiovaskulären Erkrankungen wurde schon in zahlreichen Studien untersucht, mit widersprüchlichen Ergebnissen: Einige fanden ein verringertes Risiko für Herzkrankheiten unter Patienten, die sich regelmäßig tagsüber ein Schläfchen gönnten; andere Studien gelangten zu gegenteiligen Ergebnissen oder konnten keinen Zusammenhang herstellen.
Ein umfassendes Review-Paper aus dem letzten Jahr kam beispielsweise durch die Metaanalyse von zahlreichen Kohortenstudien zu dem Schluss, dass vor allem lange Nickerchen (länger als eine Stunde) mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zusammenhängen. Interessanterweise scheint es dabei allerdings eine J-förmige Relation zwischen der Schlafdauer und dem Krankheitsrisiko zu geben: Bei kurzen Powernaps zwischen 10-25 Minuten scheint das Risiko zu sinken, während es für längere Schlafzeiten wieder stark ansteigt.
Auch eine aktuellere Studie aus dem Juni dieses Jahres befasste sich mit dem Thema und untersuchte den Zusammenhang zwischen Herzversagen und Tagschlaf bei älteren Menschen. Die Forscher kamen dabei ebenfalls zu dem Ergebnis, dass längere Schlafzeiten zu einem erhöhten Risiko für Herzversagen führten.
Gemeinsam war den bisherigen Studien, dass sie zum größten Teil nur auf die Schlafdauer, nicht aber auf die Schlafhäufigkeit fokussiert waren. Daher sticht eine Schweizer Studie hervor, die sich gezielt dem Einfluss der Schlafhäufigkeit auf kardiovaskuläre Erkrankungen gewidmet hat – mit interessanten Ergebnissen. Bei der populationsbasierten Kohorten-Studie wurden über einen Zeitraum von 5 Jahren 3.462 Teilnehmer aus der Schweizer Stadt Lausanne verfolgt und, unter anderem, zu ihren Schlafgewohnheiten befragt.
Unterteilt wurden die Teilnehmer entsprechend ihrer Angaben in vier Gruppen: Die größte Gruppe der „Non-Napper“ (58 %) gab an, in der vorhergegangenen Woche kein einziges Nickerchen gehalten zu haben; die „Napper“ wurden entsprechend ihrer Schlafhäufigkeit weiter unterteilt (1-2 Nickerchen 19 %, 3-5 Nickerchen 12 % und 11 % Teilnehmer mit 6-7 Nickerchen).
Auffällig: Die Teilnehmer, die häufiger ein Schläfchen gehalten hatten, waren im Vergleich zu den „Non-Nappers“ älter, häufiger männlich und hatten häufiger andere Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen wie beispielsweise erhöhten BMI oder rauchten.
Die Auswertung der Daten zeichnete ein deutliches Bild: Die Gruppe Probanden, die 1-2 Nickerchen gehalten hatten, zeigten ein signifikant erniedrigtes Risiko einer kardiovaskulären Erkrankung im Vergleich zu den „Non-Nappers“ (HR 0,39) Auch die Überlebenswahrscheinlichkeit über 5 Jahre war in dieser Gruppe am höchsten. Eine Anpassung des Modells, um Faktoren wie Alter, Geschlecht und Risikofaktoren auszugleichen, bestätigte den Zusammenhang (HR 0,52).
Unklarer blieb das Ergebnis für häufigere Schläfer. Zwar war die Häufigkeit für Erkrankungen in der Gruppe mit den meisten Nickerchen am höchsten, woraus sich ein erhöhtes Risiko ableiten ließ (HR 1,67); jedoch verschwand der Effekt in korrigierten Modellen, sodass letztlich kein eindeutiger Einfluss auf die Gesundheit festgestellt werden konnte.
Ebenfalls erstaunlich: Die Forscher konnten keine Assoziation zwischen Schlafapnoe oder erhöhter Schläfrigkeit während des Tages und der Wahrscheinlichkeit einer kardiovaskulären Erkrankung feststellen. Auch zwischen der Dauer der Nickerchen und der Häufigkeit von Erkrankungen konnte keine klare Verbindung gefunden werden.
Worauf könnten die Ergebnisse zurückzuführen sein? Auch darüber spekulierten die Forscher. Sie stellten die These auf, dass gelegentliche Nickerchen stressreduzierend wirken und einen Mangel an nächtlicher Schlafqualität ausgleichen könnten, was den positiven Effekt erklären würde. Derweil könnte häufiger Tagschlaf auf eine geringe Schlafqualität aufgrund von zugrundeliegenden chronischen Leiden zurückzuführen sein. Diese könnten ihrerseits einen unabhängigen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellen.
Trotz Limitationen der Studie wie mangelnde Übertragbarkeit auf andere Populationen oder die Nichtbeachtung von potenziellen morgendlichen Nickerchen der Probanden, liefert die Studie wertvolle Erkenntnisse. Der Einfluss der Schlafhäufigkeit könnte helfen, die teils widersprüchlichen Ergebnisse früherer Studien zu dem Thema zu erklären. Diese hatten in der Mehrheit ausschließlich die Dauer der Nickerchen betrachtet. Und natürlich: Ein gelegentlicher Powernap ist mit gutem Gewissen für jeden drin!
Bildquelle: Klara Kulikova, unsplash