Wissenschaftler haben untersucht, ob eine Erhöhung der Steuern auf alkoholische Getränke die Neuerkrankungen bestimmter Krebsarten beeinflussen könnte. Die Ergebnisse sind frappierend.
Europa ist die Region mit dem weltweit höchsten Alkoholkonsum pro Kopf. Neben Maßnahmen wie einem Werbeverbot für alkoholische Getränke oder deren reduzierter Verfügbarkeit, wird auch die Erhöhung der Alkoholsteuern als besonders kosteneffektive Maßnahme gegen eine alkoholbedingte Krankheitslast gehandelt – In Europa sind diese Alkoholsteuern jedoch oft sehr gering. Wissenschaftler der TU Dresden haben daher in einer Modellierungsstudie untersucht, welchen Effekt eine Erhöhung der aktuellen Verbrauchssteuern auf alkoholbedingte Krebserkrankungen in Europa haben könnte.
Mittels mathematischer Modelle schätzten die Wissenschaftler die Auswirkungen von drei verschiedenen Steuererhöhungsszenarien (20 %, 50 % und 100 %) auf den Pro-Kopf-Alkoholkonsum in 50 Mitgliedstaaten der Europäischen Region. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verzögerungszeit von zehn Jahren zwischen dem Alkoholkonsum und der Krebserkrankung bzw. dem tödlichen Ausgang der Erkrankung konnten anschließend die Anzahl vermeidbarer Neuerkrankungen sowie Todesfälle für das Jahr 2019 geschätzt werden. Das Team berücksichtigte dabei sieben verschiedene Krebserkrankungen, die eng mit dem Konsum von Alkohol zusammenhängen: Lippen- und Mundhöhlenkrebs, Rachenkrebs, Kehlkopfkrebs, Speiseröhrenkrebs, Leberkrebs, Darmkrebs sowie bei Frauen Brustkrebs.
Die Ergebnisse zeigen, dass mehr als 10.700 neue Krebserkrankungen und 4.850 Todesfälle vermeidbar gewesen wären, wenn die aktuellen Verbrauchssteuern verdoppelt wären worden. Dies entspricht fast 6 % der alkoholbedingten Krebsneuerkrankungen in der Region.
In Deutschland könnten laut der Studie bei einer Verdopplung der aktuellen Alkoholsteuern mehr als 1.200 Krebserkrankungen und 525 Todesfälle vermieden werden. Mit mehr als zwei Dritteln handelt es sich bei den meisten dieser vermeidbaren Erkrankungsfälle um Brust- und Darmkrebs.
„In Deutschland sind die Verbrauchssteuern für alkoholische Getränke, insbesondere für Bier und Wein, besonders gering. Während für eine große Flasche Bier circa fünf Cent auf die Biersteuer entfallen, so ist keine extra Besteuerung von Wein vorgesehen. Angesichts der hohen Zahl an vermeidbaren alkoholbedingten Krebserkrankungen wäre es mehr als ratsam, die Alkoholsteuern insbesondere in Deutschland zu erhöhen“, empfiehlt TUD-Psychologin Carolin Kilian.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Technischen Universität Dresden. Die Originalpublikation findet ihr im Text und hier.
Bildquelle: Adam Wilson, unsplash.