Die Molekularbiologen David Julius und Ardem Patapoutian erhalten den diesjährigen Nobelpreis für Medizin. Sie identifizierten erstmals die Rezeptoren, die es uns ermöglichen, Temperatur, Schmerz und Druck zu spüren.
Diese Woche ist es wieder so weit: Der Gewinner des jährlichen Nobelpreis wird bekanntgegeben. Beim Nobelpreis handelt es sich um einen der begehrtesten – und den wohl bekanntesten Preis der Welt. Die Verkündung der Gewinner in den verschiedenen Kategorien zieht sich über eine Woche. Den Start machten heute die wissenschaftlichen Kategorien.
In der Kategorie Physiologie/Medizin verkündete die Nobelversammlung des Stockholmer Karolinska-Instituts am heutigen Vormittag die Gewinner: David Julius von der University of California, San Francisco, und Ardem Patapoutian vom Scripps Institute, La Jolla. Die Molekularbiologen entdeckten in ihrer Forschung die Rezeptoren, welche für Temperatur und Berührung im Körper zuständig sind.
Das Empfinden von Temperatur, Schmerz und Druck gehört zu unserem Tastsinn, dem bisher am wenigsten verstandenen der fünf Hauptsinne des Menschen. Mit ihren Entdeckungen haben Julius und Patapoutian die molekulare und neuronale Grundlage für die Thermosensibilität und die Mechanosensibilität entschlüsselt. Die Erkenntnisse könnten Aufschluss darüber geben, wie chronische und akute Schmerzen besser behandelt werden können. Bereits mehrere pharmazeutische Labors arbeiten daran, Moleküle zu identifizieren, die auf diese Rezeptoren wirken. Das könnte neue Behandlungsansätze für verschiedene Formen chronischer Schmerzen aufzeigen.
David Julius identifizierte bei seinen Versuchen mithilfe von Capsaicin einen Sensor in Nervenenden der Haut, der auf Hitze reagiert. Ardem Patapoutian entdeckte mithilfe druckempfindlicher Zellen eine neue Klasse von Sensoren, die auf mechanische Reize in der Haut und in inneren Organen reagieren.
Professor Thomas Perlmann, Sekretär des Nobelkomitees für Physiologie/ Medizin hob den herausragenden Wert dieser Entdeckungen hervor: „Die Erkenntnisse ermöglichen uns, unser Empfinden auf molekularer Ebene zu verstehen; zu wissen, wie Wärme, Kälte und mechanische Kräfte Nervenimpulse auslösen, welche es uns möglich machen, die Welt um uns herum wahrzunehmen und auf sie zu reagieren. Zwar war bekannt, welcher Teil des Nervensystems die Informationen verarbeitet, aber nicht, welche molekularen Sensoren er verwendet.“ Die Wissenschaftler scheinen sich einig zu sein: Es ist wohl die Art von Entdeckung, bei der es schwer ist, das ganze Ausmaß ihrer potenziellen Anwendungen zu erfassen.
Vielerorts wurde mit Unverständis auf die diesjährige Wahl des Komitees reagiert. Durch den massiven Einfluss der seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden Pandemie auf unser aller Leben glaubten manche, dass es bereits Zeit für eine mit dem Coronavirus in Verbindung stehende Auszeichnung sein könnte. Die Entwickler der mRNA-Impfstoffe wurden hier weit vorne gesehen.
Letztes Jahr waren Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA) für die Entdeckung des Hepatitis-C-Virus mit dem Preis ausgezeichnet worden.
Dienstag bis Freitag folgen die Bekanntgaben in den Kategorien Physik, Chemie, Literatur und Frieden.
Die Verleihung wird auch dieses Jahr nicht wie gewohnt stattfinden.Trotz der Aufhebung der meisten Corona-Beschränkungen in Schweden in der letzten Woche hat sich die Nobelstiftung dazu entschlossen, für die Preiszeremonie in zwei Monaten frühzeitig die Umstände bekanntzugeben. Zumindest in Stockholm werden bei der Verleihung an Nobels Todestag am 10. Dezember keine Preisträger vor Ort dabei sein. Eine Ausnahme könnte es geben: Beim Nobelinstitut in Oslo überlegt man noch, ob es möglich sein wird, den dort gekürten Friedensnobelpreis-Träger zur Verleihung nach Norwegen zu holen.
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