Auch wenn die Immuntherapie mit ICI die Behandlung von Krebserkrankungen revolutioniert hat, können schwere Nebenwirkungen wie Myokarditis auftreten.
Neuartige Immuntherapien mit Checkpoint-Hemmern (ICI) haben die Behandlung von Krebserkrankungen revolutioniert und zu verbesserten Therapieergebnissen geführt. Die Therapie soll das patienteneigene Immunsystem entfesseln, so dass Krebszellen besser erkannt und angegriffen werden können. Doch die Studie einer interdisziplinären Forschergruppe des Universitätsklinikums Bonn (UKB) konnte zeigen, dass die neuartige Krebstherapie den Herzmuskel in bisher unbekanntem Ausmaß subklinisch beeinträchtigen kann. Die Ergebnisse der prospektiven Herz-MRT Studie sind in der renommierten Fachzeitschrift Radiology erschienen.
Das Hauptaugenmerk der Studie lag auf dem Auftreten einer Herzmuskelentzündung unter ICI-Therapie. Diese kann asymptomatisch und subklinisch verlaufen. In seltenen Fällen jedoch kann ein fulminanter, also sehr rascher und schwerwiegender Verlauf vorliegen. Bisher war unbekannt, inwieweit die ICI-Therapie auch bei asymptomatischen Patienten zu entzündlichen Veränderungen im Herzmuskel führt. Bei den Studienteilnehmern waren nach Beginn einer ICI-Therapie zur Krebsbehandlung insbesondere MRT-spezifische Entzündungsmarker des Herzmuskels erhöht und Anzeichen einer systolischen Dysfunktion vorhanden.
Normalerweise verhindern die Immun-Checkpoints eine überschießende Reaktion des Immunsystems gegen körpereigene, gesunde Zellen. Manche Tumoren aktivieren gezielt solche Immun-Checkpoints, so dass Immunzellen, die den Tumor eigentlich erkennen und bekämpfen könnten, stark geschwächt werden. Bei der ICI-Therapie wirken Checkpoint-Hemmer oder Immun-Checkpoint-Inhibitoren dem entgegen: Sie verhindern die Unterdrückung der Immunantwort und bewirken so, dass das Immunsystem den Tumor besser erkennt und verstärkt angreift.
Ziel der Studie war es zu untersuchen, inwieweit die ICI-Behandlung Veränderungen des Herzmuskels hervorruft, die mit modernen Herz-MRT-Techniken nachgewiesen werden können, wie z. B. Entzündung, Fibrose oder Funktionsstörungen des Herzens. In der Studie wurden erstmals Krebspatienten, bei denen eine ICI-Therapie geplant war, unmittelbar vor und 3 Monate nach Beginn der ICI-Therapie mit hochsensitiven quantitativen Herz-MRT-Techniken untersucht. Die ICI-Therapie war die einzige Krebsbehandlung, die während des Studienzeitraums angewandt wurde. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, dass schwerwiegende Nebenwirkungen unter Immuntherapie frühzeitig erkannt werden, um diesen möglicherweise auch rechtzeitig vorbeugen zu können.
„Mittels hochsensitiver MRT-Marker konnten wir bei den Studienteilnehmern Veränderungen im Herzmuskelgewebe nachweisen, welche auf eine entzündliche Mitreaktion im Rahmen der Therapie hindeuten“, erklärt Dr. Anton Faron. Der Mediziner ist Facharzt der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am UKB. Interessanterweise liefen diese Veränderungen bei den meisten Patienten ohne begleitende Symptome ab. „Diese Beobachtung zeigt uns, dass wir mit dem Herz-MRT ein wichtiges Instrument in der Hand haben, das beispielsweise dazu beitragen kann, mögliche Therapienebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und Therapien so besser und genauer steuern zu können“, betont Faron.
Die ICI-bedingte Herzmuskelentzündung ist eine seltene, aber potenziell ernsthafte Nebenwirkung, die am ehesten innerhalb der ersten 3 Monate nach Behandlungsbeginn auftritt. Daher haben die Ergebnisse wichtige Implikationen für die klinische Praxis und die zukünftige Forschung.
Die hochsensitiven MRT-Techniken liefern einen bedeutenden Beitrag. Sie bieten die Möglichkeit einer fortgeschrittenen Gewebecharakterisierung: „Wir konnten zeigen, dass sich eine diffuse Entzündung gerade mit den modernen quantitativen MRT-Techniken nachweisen lässt. Dies hat einen unmittelbaren Bezug, auch für die Entdeckung schwerer Verläufe einer ICI-assoziierten Herzmuskelentzündung bei symptomatischen Patienten“, erklärt Dr. Julian Luetkens. Er leitet die kardiale MRT-Diagnostik und mit dem QILaB zudem eine Arbeitsgruppe am UKB, die sich mit der Entwicklung und dem Einsatz innovativer quantitativer Verfahren in der MRT beschäftigt.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikum Bonn. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Robina Weermeijer, unsplash