Immer wieder landen Rezepte der ominösen Art in Apotheken: Zahnärzte verordnen orale Kontrazeptiva, Akne-Therapeutika oder Nikotinpflaster. Standesvertreter raten jetzt zur Vorsicht – manche Verordnung darf nicht beliefert werden.
Kassen- oder Privatrezepte vom Zahnarzt? Bereits früher haben sich die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) mit der Thematik befasst. Ihr Fazit: „Die Verschreibung von Analgetika, Lokalanästhetika und Antibiotika ist gesetzlich durch die Approbation abgedeckt. Die Verordnung eines Humanarzneimittels, das nicht primär dazu geeignet ist, Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten vorzubeugen beziehungsweise diese zu behandeln, überschreitet jedoch relativ eindeutig den durch die zahnärztliche Approbation abgedeckten und definierten Bereich der Zahnheilkunde.“ Als klassisches Beispiel erwähnen Experten orale Kontrazeptiva – und argumentieren, Pharmazeuten seien gemäß Apothekenbetriebsordnung verpflichtet, entsprechende Verordnungen abzulehnen.
Apotheker sehen bei Verordnungen zum Eigenbedarf keinen Unterschied – Zahnärzte schon. Das Arzneimittelgesetz macht in Paragraph 48 keine Ausnahmen. Eine Gegenposition: „Für sich selbst darf der Zahnarzt keine Betäubungsmittel verordnen, wohl aber verschreibungspflichtige Arzneimittel“, heißt es von der BZÄK. Und weiter: „Ein Zahnarzt, der außerhalb der Zahnheilkunde Arzneimittel verschreibt, verstößt gegen das Heilpraktikergesetz und macht sich strafbar.“ Wo dieses Regelwerk nicht greife, sei eine Verordnung möglich – etwa bei der Anti-Baby-Pille für die Zahnärztin selbst oder beim Antibiotikum für Familienmitglieder bei Mittelohrentzündungen.
Ähnlich schwierig gestaltet sich die Sache bei Präparaten mit möglicherweise zahnmedizinischem Bezug. Entscheiden sich Patienten, mit dem Rauchen aufzuhören, leisten sie auch einen wichtigen Beitrag zur Zahngesundheit. Nikotinpflaster wären folglich durch zahnärztliche Approbationen abgedeckt. An Retinoiden scheiden sich die Geister. „Die Therapie mit Tretinoin ist insbesondere bei Lichen ruber mucosae, einer besonderen Variante eines Lichen ruber planus im Bereich der Schleimhäute, beschrieben“, argumentieren Zahnärzte. Dennoch sollten Therapien mit einem Dermatologen abgestimmt werden. Experten des Deutschen Apotheken Portals raten zur Vorsicht. Pharmazeuten sollten primär den Arzt kontaktieren. Ist dies nicht möglich, beispielsweise am Wochenende, bleibt nur, die Abgabe zu verweigern.
Zum Hintergrund: Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) stellt im Paragraphen 17 klar: „Die abgegebenen Arzneimittel müssen den Verschreibungen und den damit verbundenen Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Arzneimittelversorgung entsprechen.“ Der hier erwähnte Paragraph 28 des SGB V definiert zahnärztliche Tätigkeiten als „Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst“ – nicht mehr, nicht weniger. Apotheker sind in der Pflicht, hier zu kontrollieren. Ansonsten drohen einmal mehr Retaxationen. Jetzt warten Heilberufler gespannt auf juristische Klarstellungen.