Corona-Varianten können Teile ihres Erbguts untereinander tauschen und zu gefährlicheren Varianten mutieren. Doch wie oft kommt das vor?
Neue Coronavirus-Varianten entstehen durch Rekombination, wenn einzelne Basen im Virus-Erbgut ausgetauscht oder verschiedene Virusvarianten gemischt werden. Letzteres kann geschehen wenn ein Mensch oder ein Tier von zwei Varianten gleichzeitig infiziert wird. In Großbritannien haben Wissenschaftler jetzt für eine Studie im Zeitraum bis März 2021 bei insgesamt 279.000 Proben das Virus-Erbgut bestimmt. Der Biochemiker Emanuel Wyler vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) in Berlin teilte die Ergebnisse vor ein paar Tagen auf Twitter.
„In 12 Fällen wurden Virusvarianten gefunden, die aus einer Rekombination hervorgingen.“ Vier davon hätten sich dann auch für kurze Zeit verbreitet, seien aber mittlerweile „ausgestorben”. Er schreibt weiter: „Das zeigt, dass Rekombinationen eigentlich wie erwartet selten sind, weil sie ja überhaupt erst möglich sind, wenn zwei verschiedene Varianten in einem Menschen zusammenkommen. Sie können aber durchaus vorkommen, und theoretisch dem Virus auch eine sprunghafte Entwicklung ermöglichen.“ Die Autoren konnten ihre Ergebnisse im renommierten Journal Cell veröffentlichen.
In den Genomen der rekombinanten Coronaviren fanden die Forscher Einzelnukleotid-Polymorphismen und Deletionen, wie sie für die besorgniserregende B.1.1.7-Variante charakteristisch sind, aber nicht alle abstammungsbestimmenden Mutationen aufweisen. Im Rest der Genome konnten zusammenhängende genetische Variationen identifiziert werden, die mit anderen Viren übereinstimmten, die zur gleichen Zeit im selben geografischen Gebiet zirkulierten.
Die Autoren betonen am Ende ihres Artikels, wie wertvoll die permanente Überwachung des Viruserbguts von SARS-CoV-2 ist. Ständige Infektionen erhöhten die Wahrscheinlichkeit, dass problematischere Virusvarianten entstünden.
Sie schreiben „Da Rekombinationen die Kombination vorteilhafter Mutationen aus verschiedenen Varianten ermöglichen und das nur bei einer Koinfektionen geschieht, wird durch die Minimierung der Prävalenz von SARS-CoV-2 die Wahrscheinlichkeit der Bildung neuer Linien mit Kombinationen, die die Fitness des Virus potenziell erhöhen könnten, minimiert.“ Weltweit gebe es immer noch viele Populationen, die für große epidemische Wellen sehr anfällig seien, da sie eine extrem niedrige Impf-Quote aufweisen. Da die genetische Vielfalt von SARS-CoV-2 im Jahr 2021 deutlich gestiegen sei, werde es umso wichtiger, nationale Ausbrüche auf das Vorhandensein neuer rekombinanter Linien zu untersuchen – insbesondere in Regionen, in denen verschiedene Varianten von biologischer Bedeutung zirkulieren.
Zur Studie kommt ihr hier.
Bildquelle: Eric Prouzet, unsplash