Nachtdienste auf der Intensivstation sind ein Knochenjob. Viele Mediziner haben vor ihren ersten Diensten regelrecht Panik. Wie steht man das souverän durch?
Ständig piept ein Alarm, die Müdigkeit zerrt an den Nerven, schnelles Handeln ist gefragt. Kein Wunder, dass viele Mediziner vor ihren ersten Diensten nervös sind. Wie übersteht man das am besten?
Das hat sich auch Christoph Steltner, Notfallmediziner, eine Woche vor seinem ersten Nachtdienst, gefragt – und dazu die Frage an medizinische Kollegen auf Twitter in die Runde geworfen. Die Community hat ihm in zahlreichen Kommentaren geantwortet. Wir haben die besten Tipps und Tricks für euch hier zusammengestellt.
Kleine Merkhilfen erleichtern die Schicht – dabei geht es zum einen darum, im Notfall ein Wissens-Back-up in der Kitteltasche zu haben. Aber auch um das beruhigende Gefühl, gut vorbereitet zu sein – unabhängig davon, ob man seine Spickzettel dann tatsächlich braucht oder nicht.
„Für mich waren ein paar Dinge hilfreich: Eine Telefonliste zur Hand haben – Initialeinstellungen für CVVHDF oder die HF, die ihr benutzt, auf einem Spickzettel dabei haben“, empfiehlt eine Ärztin. Außerdem sollten Neulinge „einige Kochrezepte zur Hand haben: Hyperkaliämie, Hypertonie (Erstangriff z.B. mittels Urapidil, ggf. orale Medikation), TAA (das, was in eurem Haus neben Cardioversion (sofern indiziert) Standard ist). An angepasste Antikoagulation denken!“ Weitere Spickzettel zur Notfallnarkose hält sie ebenfalls für unbedingt sinnvoll.
Ein Ratschlag, der besonders oft gegeben wird: Auf die Pflege hören – und auf keinen Fall den überheblichen Arzt raushängen lassen. „Tritt gegenüber dem Pflegepersonal nicht arrogant auf. Auf einer ITS ist Teamwork angesagt“, kommentiert ein User. „Wenn du es dir mit dem Pflegeteam versaut, macht die Arbeit dort keinen Spaß. Cool bleiben und auf Tipps hören. Von allen Seiten.“
Ein anderer schlägt vor, am Dienstbeginn systematisch vorzugehen: Jedes mal, wenn man kommt, eine Person aus dem Pflegeteam im Kopf auswählen, die fachlich besonders kompetent ist. „Das ist für diese Schicht dein Notfallkontakt. Wenn was schief geht, ruf diese Person. Braucht man irgendwann nicht mehr, ist aber am Anfang sehr wertvoll.“
Das Fazit eines Anästhesisten: „Im Grunde kann die Pflege alles, du managest nur und machst die Zugänge.“ Auch ein Krankenpfleger selbst betont, wie wichtig Teamwork auf der Intensiv ist: „Rede mit uns, wenn du unsicher bist, wir stehen mit Rat und Tat zur Seite und helfen dir da durch!“
Nicht zuletzt tun sich die Neuen einen Gefallen damit, zum Einstand etwas mitbringen, z.B einen Kuchen. Das „bricht das Eis für die restliche Nacht“, meint ein User.
Dieser Punkt gehört ebenfalls zu den am häufigsten genannten Tipps: Keine Scheu davor haben, den Oberarzt im Hintergrund frühzeitig anzurufen, wenn es Probleme gibt. Man solle sich klar machen, dass „der OA viel Geld bekommt, dafür das du ihn Nachts anrufen kannst", schreibt ein User.
In manchen Situationen gibt es auch die Möglichkeit, zu vermeiden, dass in der Nacht Unsicherheiten auftreten. „Fange keine Interventionen an, die gut auf den Tag gelegt werden können“, empfiehlt ein Anderer. So sorgt man dafür, das eigene Stresslevel nicht unnötig zu erhöhen.
Klar, guter Schlaf in der Nacht zuvor hilft, einen kühlen Kopf in stressigen Situationen zu wahren. Ist aber als Anfänger leichter gesagt als getan. Eine Userin beschreibt, wie es ihr im Dienst hilft auszublenden, dass gerade Nacht ist. „Mach einfach das gleiche, was du am Tag auch machen würdest. Es ist nur dunkel, nicht anders“, schreibt die Anästhesistin. Vielleicht kenne man auch einen Kollegen auf Normalstation oder im OP, der auch Nachtdienst hat und den du zur Not, um Hilfe bitten kann. „Das beruhigt auch.“
Ein anderer User empfiehlt, erstmal nicht vom Worst case auszugehen. „Kein Stress. Nachts passiert im besten Fall nichts, weil alles über den Tag gut lief und du musst nur noch ‚verwalten‘.“
Keine Frage, die Patienten stehen in dieser Nacht an erster Stelle. Aber was haben sie von einem Arzt, der selbst sprichwörtlich aus dem letzten Loch pfeift? Daher der banal klingende, aber umso wichtigere Rat, sich unbedingt darum zu kümmern, das eigene Wohlbefinden aufrechtzuerhalten.
„Fleecejacke, warmes gutes Essen, kalte Cola für kritische Lagen. Man muss sich unbedingt auch um sich selber kümmern!“, so der Appell einer Userin. Vor allem an der Menge des Essens sollte man sicherheitshalber nicht sparen. „Und ganz wichtig, bring Kaffee mit. Vergiss bloß den sch.. Kaffee nicht“, empfiehlt ein überzeugter Koffeinkonsument. An letzter Stelle noch ein weiterer Tipp eines Users, den vielleicht nicht jeder Anfänger im Nachtdienst auf dem Schirm hat: „Gute Schuhe. Sehr gute Schuhe tragen“.
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