Ein Münchner Team hat eine Nebenwirkung der CAR-T-Therapie untersucht, die bisher unter dem Radar blieb. Damit haben sie auch einen Score entwickelt, um Patienten in Zukunft besser behandeln zu können.
Die adoptive Immuntherapie mit CAR-T-Zellen hat sich für die Behandlung verschiedener Leukämien und Lymphome etabliert. Bei der innovativen Behandlung werden körpereigenen T-Zellen gegen den Tumor gerichtet – doch nicht ohne Nebenwirkungen. Fachleute hatten zunächst nur den Zytokinsturm im Blick sowie die negativen Effekte auf das zentrale Nervensystem. Einem Forscherteam fiel nun aber auf, „dass viele Behandelte an einem Abfall der Blutwerte leiden, einer sogenannten Zytopenie. Das war gerade in der Häufigkeit überraschend“, erklärt Marion Subklewe der Uniklinik München.
Gemeinsam mit ihrem Team definierte Subklewe daher drei typische Verläufe. „Etwa ein Viertel der Patienten haben bei der Therapie keinerlei Probleme im Blutbild; sie regenerieren normal. Die große Mehrheit (> 75 %) entwickelt aber eine Zytopenie; typisch ist dabei, dass die Blutwerte sich zunächst erholen, bevor es dann jedoch zu einem erneuten Abfall kommt – ein sogenannter biphasischer Verlauf. Zudem zeigen etwa 20 bis 25 % der Patienten sehr schlechte Blutwerte – bis zu zwei Monate lang oder in seltenen Fällen noch länger“, erklärt Clinician-Scientist Dr. Kai Rejeski.
In dieser Zeit sind sie für Infekte anfällig, im schlimmsten Fall kann es zu einer lebensgefährlichen Sepsis kommen. „Das müssen wir beim Management der Therapie im Blick haben, denn diese Patienten brauchen unter anderem Antibiotika zur Vorbeugung von Infekten“, betont Subklewe. Zudem müssen die Blutwerte engmaschig überprüft werden.
Um die Entwicklung einer Zytopenie bei der CAR-T-Zelltherapie zu prognostizieren, hat das Team ein Modell entwickelt, den sogenannten CAR-HEMATOTOX Score. Dieser besteht aus den normalen Blutbildwerten und aus zwei Entzündungsparametern. In der Analyse fiel auf, dass diese Parameter besonders mit langanhaltenden Zytopenien assoziiert waren, welche wahrscheinlich eine Rolle im Pathomechanismus der Nebenwirkung spielen.
Die Aussagekraft des Scores haben die Forscher geprüft. Ergebnis: Hat ein Betroffener einen geringen Score-Wert, ist die Wahrscheinlichkeit, so Subklewe, „sehr sehr gering, dass sich eine Zytopenie entwickelt.“ Bei den restlichen Patienten „sind wir in unserer Vorhersage noch nicht ganz so gut“, sagt die Ärztin, „denn da entwickeln einige Patienten trotz hoher Score-Werte dann doch keine Zytopenie.“
Die Forscher arbeiten derzeit daran, den Score noch präziser zu machen, damit er auch Infekte vorhersagen kann. Das ist wichtig, denn die CAR-T-Therapie soll in Zukunft auch außerhalb von Studien ambulant angeboten werden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Klinikums der Universität München. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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