Wie wirksam ist eine Impfung gegen COVID-19 bei Patienten, die eine Antikörpertherapie erhalten? Nicht besonders, zeigt eine Studie. Aber es gibt schon einen Lösungsansatz.
Im Rahmen einer Antikörpertherapie zur Behandlung bestimmter Autoimmunerkrankungen (z.B. Rheumatoide Arthritis), einiger Krebsarten der B-Zellen (z.B. Non-Hodgkin-Lymphom) und bei gewissen Nierentransplantationen werden Medikamente eingesetzt, die gegen das Oberflächen-Antigen CD20 auf B-Zellen wirksam sind. Durch diese Anti-CD20-Therapie können B-Zellen gezielt gehemmt oder bekämpft werden, während z.B. blutbildende Stammzellen geschont bleiben. Weltweit werden jährlich mehrere Millionen Patienten mit diesen Medikamenten behandelt.
Es war bereits bekannt, dass Personen mit Erkrankungen, die eine Anti-CD20-Therapie benötigen, eine Risikogruppe für schwere COVID-19-Verläufe bilden. Eine Studie ging nun anhand des Vorhandenseins von Antikörpern gegen SARS-CoV-2-Spike-Protein im Blut der Frage nach, wie wirksam eine mRNA-Impfung diese Risikogruppe gegen COVID-19 schützen kann. Die erhobenen Antikörper korrelieren im Allgemeinen gut mit der Fähigkeit SARS-CoV-2 zu neutralisieren und werden deshalb als Messgröße zur Vorhersage eines Impferfolges verwendet.
Die Studie zeigt, dass die Antwort des Immunsystems auf die Impfung mit den getesteten mRNA-Impfstoffen bei Personen, die zuvor eine der Anti-CD20-Therapien Rituximab oder Ocrelizumab durchlaufen hatten, erheblich eingeschränkt ist. So waren spezifisch auf SARS-CoV-2-Spike-Protein reagierende Antikörper, ein Anzeichen für eine schützende Wirkung nach der Impfung, nur bei knapp der Hälfte der Patienten nachweisbar, gegenüber 100 % bei den Gesunden. Die Studie zeigt aber auch, dass ein Teil dieser Risikogruppen unter bestimmten Umständen trotzdem von einer COVID-19-Impfung profitieren kann.
An der Studie beteiligten sich die Universitätskliniken für Rheumatologie und Immunologie, Nephrologie, Hämatologie, Neurologie und Dermatologie sowie das Zentrum für Labormedizin des Inselspitals, Universitätsspital Bern. Weiter war das Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern massgeblich beteiligt. Die breite fachliche Abstützung spiegelt das Spektrum von Erkrankungen wider, bei denen Anti-CD20-Therapien eingesetzt werden. Die Studie erhob in einer engen Zusammenarbeit mit dem Institut für Infektionskrankheiten der Universität Bern zahlreiche Indikatoren eines möglichen Impferfolges. Eingeschlossen waren knapp 100 Patienten, die eine Anti-CD20-Therapie durchgemacht hatten. Als Kontrollgruppe dienten 29 zweimal geimpfte, gesunde Erwachsene.
Prof. Britta Maurer, Co-Studienleiterin, ist zuversichtlich: „In dieser Studie haben wir in kurzer Zeit in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Instituten und Kliniken wertvolle Informationen zu wichtigen immunologischen Fragen im Rahmen der mRNA-Covid-19-Impfung gewonnen. Indem wir wichtige Faktoren identifiziert haben, die eine Voraussetzung für eine Immunantwort sind, hoffen wir bald einen Beitrag zum Schutz einer besonders gefährdeten Gruppe von Patienten leisten zu können.“
Trotz der generell eingeschränkten Immunantwort nach der Impfung konnte die Studie Kriterien ermitteln, die eine mögliche Optimierung des Impfschutzes anzeigen. Dr. Matthias B. Moor, Erstautor der Studie erklärt: „Dazu gehört zum Beispiel der Zeitpunkt seit der letzten Anti-CD20-Therapie oder ein kontrollierter Einsatz von immunsupprimierenden Medikamenten in der Begleittherapie. Die Studie zeigt, dass der Zeitraum seit der Anti-CD20-Therapie, die Anzahl von B-Zellen im Blut und interessanterweise auch die Anzahl von T-Helferzellen im Blut Voraussagen über die Impfantwort erlauben.“
Die Studie zeigt, dass es trotz der generellen Einschränkung in Bezug auf die Immunantwort trotzdem noch möglich ist, einige besonders gefährdete Gruppen mit Impfungen zu schützen. Sollten sich die Hinweise auf Optimierungsmöglichkeiten in weiteren, größeren Studien erhärten, könnten schon bald individuelle Impf- und Therapiepläne entwickelt werden.
Dr. Daniel Sidler, Co-Studienleiter erläutert: „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Phase der Ungewissheit, die wir zu Beginn der Pandemie durchlebt haben, nun langsam zu Ende geht. Es etabliert sich nun eine wissenschaftliche Basis, welche offene Fragen zu Prävention, Diagnostik, Therapie und Impfung von SARS-CoV-2-Infektionen beantwortet. Die vorliegende Studie ist ein kleiner, aber wichtiger Beitrag, die COVID-19-Pandemie zu bewältigen.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsspitals Bern. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Timon Studler, unsplash