Im Langzeitverlauf einer Querschnittlähmung kommt es als spätes Ereignis oft zu Harnblasenkarzinomen. Wo Therapien ansetzen sollten und wie viele Patienten betroffen sind, analysiert eine aktuelle Arbeit.
Studien deuten darauf hin, dass Harnblasentumoren bei Querschnittgelähmten häufiger einen ungünstigeren Verlauf haben als ohne Querschnittslähmung. Noch sind aber viele Fragen offen, etwa zu den Ursachen. Ein Forschungsteam hat deshalb langjährig Daten von Patienten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Querschnittlähmung analysiert, die ohne Dauerkatheter versorgt wurden. Das Team kommt zu dem Ergebnis, dass Harnblasenkrebs ein spätes Ereignis im Langzeitverlauf der Querschnittlähmung ist. Die Nachsorge-Maßnahmen müssen daher mit zunehmender Dauer der Querschnittlähmung intensiviert werden.
Das BG Klinikum Hamburg, die Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie (DMGP) und das Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) haben zwischen 2012 und 2019 Daten von 135 Patienten mit Querschnittlähmung und der Diagnose Harnblasenkrebs gesammelt und ausgewertet. Die Daten dieser Studie bestätigen zum einen die Ergebnisse der vorangegangenen Hamburger Studie über ebenfalls ohne Dauerkatheter versorgte querschnittgelähmte Patienten. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Diagnose Harnblasenkrebs war im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung etwa 20 Jahre jünger.
Zum anderen sieht das Forschungsteam Harnblasenkrebs als ein spätes Ereignis im Langzeitverlauf der Querschnittlähmung. Die Zeitspanne bis zum Auftreten eines Harnblasentumors war bei den ganz ohne Katheter versorgten Patienten länger als bei den mit Einmalkathetern Versorgten. Die Nachsorge muss daher mit zunehmender Dauer der Langzeitquerschnittlähmung intensiviert werden.
Nach einer aktuellen Schätzung leben weltweit 25–30 Millionen Menschen mit einer Querschnittlähmung. Dank des medizinischen Fortschritts hat sich die Lebenserwartung dieser Menschen deutlich verbessert. Krebs ist derzeit die dritthäufigste Todesursache bei querschnittgelähmten Menschen und Harnblasenkrebs ist der zweithäufigste Tumor nach Lungenkrebs. Vor diesem Hintergrund hat die Frage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen einer Querschnittlähmung und dem Auftreten von Harnblasenkrebs in den letzten Jahren an Interesse gewonnen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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