Aus iPS-Zellen konnten dopaminerge Neuronen gewonnen werden. Sie wurden in das Mittelhirn von Affen transplantiert, die als Modellorganismen bei Parkinson dienen. Die motorischen Funktionen verbesserten sich – ein Schritt in Richtung autogener Stammzelltherapie.
In ihrer Studie verabreichten die Forscher um Professor Ole Isacson von der Harvard Medical School in den USA Javaneraffen systemisch das Neurotoxin MPTP, um die dopaminergen Neuronen zu zerstören und die typischen Parkinson-Symptome wie Tremor, Rigor, Bradykinese, Hypokinese, Haltungs- und Balancestörungen sowie eine Beeinträchtigung sowohl der Grob- als auch der Feinmotorik hervorzurufen. Mittels einer Hautbiopsie gewannen sie Fibroblasten, die sie zu induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) rückprogrammieren konnten. Diese wurden dann wiederum in vitro zu dopaminergen Neuronen differenziert. Die differenzierten Zellen konnten anschließend einseitig an vier Stellen in das postkommissurale Putamen der MPTP-behandelten Affen injiziert werden. Keiner der für die Studie verwendeten Affen erhielt Immunsuppressiva. Bei der Kontrollgruppe der Affen, die zwar mit MPTP behandelt, aber keiner Transplantation unterzogen worden waren, war im Beobachtungszeitraum keine Veränderung der Parkinson-Symptome festzustellen. Im Gegensatz dazu stieg bei einem der Affen, der eine autogene Transplantation differenzierter iPS-Zellen erhalten hatte, die Tagesaktivität sukzessive an und erreichte nach 18 Monaten einen Wert, der vergleichbar mit den Werten vor der MPTP-Behandlung war. Diese Verbesserung blieb bis zum Ende der Studie nach 24 Monaten stabil. Die beiden anderen Affen der mit differenzierten iPS-Zellen behandelten Gruppe hatten bei der Transplantation Zellen erhalten, die nach einem anderen Protokoll differenziert worden waren – bei ihnen ließ sich ebenfalls keine Verbesserung der Parkinson-Symptome feststellen.
Doch nicht nur die Tagesaktivität verbesserte sich: Da die MPTP-bedingten Läsionen aufgrund der systemischen Applikation bilateral auftraten, konnten die Forscher die Feinmotorik des linken und rechten Arms dank der lediglich unilateral eingepflanzten, dopaminergen Neuronen miteinander vergleichen. Während sich die feinmotorische Performance linksseitig (kontralateral zur Transplantationsstelle) bereits nach 12 Monaten deutlich verbessert hatte, war rechtsseitig bis zum Ende der Studie keine Änderung feststellbar. Ein PET-Scan 24 Monate nach der Transplantation lieferte Hinweise auf eine funktionelle Integration der autogenen dopaminergen Neuronen an der Transplantationsstelle. Die post mortem durchgeführte histologische Untersuchung bestätigte dieses Ergebnis: Es fanden sich 13.029 überlebende transplantierte Neuronen; die Axone dieser Zellen zeigten eine weitreichende Reinnervation des Putamens. Eine genauere Analyse der Zellmorphologie bestätigte, dass die Neuronen bei bester Gesundheit waren, mit reifen Synapsen und intakten Mitochondrien. Außerdem war kein Überwachsen des gesunden Gewebes durch die transplantierten Zellen festzustellen, ebenso wenig wie die Bildung von Tumoren oder eine Entzündungsreaktion.
Die Ergebnisse dieser und anderer präklinischer Studien lassen darauf hoffen, dass bald auch beim Menschen Morbus Parkinson mittels autogener Zelltransplantationen therapiert werden kann. „Konservativ geschätzt würde ich sagen, dass wir drei Jahre davon entfernt sind, die Erlaubnis für eine klinische Phase-1-Studie bei der US-amerikanischen Food and Drug Administration zu beantragen“, erklärt Prof. Isacson. In der Zwischenzeit werde seine Gruppe daran arbeiten, eine Matrix frei von jeglichen tierischen Proteinen als Wachstumsgerüst für die Zellen zu entwickeln und ein Einfrier-Protokoll zu etablieren, das den Transport und die Lagerung der Zellen ermöglicht. Zusätzlich sei es nötig, die Sortier-Technik für die Zellen zu perfektionieren, so Prof. Isacson. Der Einsatz autogener reprogrammierter Zellen bietet mehrere Vorteile: Einerseits handelt es sich um körpereigene Zellen – eine Abstoßung durch das Immunsystem erfolgt daher nicht, der Einsatz von Immunsuppressiva ist also überflüssig. Andererseits geht man so den ethischen Probleme aus dem Weg, die beim Einsatz humaner embryonaler Stammzellen (hESCs) entstehen. Diese werden nämlich aus den Zellen der inneren Zellmasse von Blastozysten gewonnen, der Embryo wird dabei zerstört. In Deutschland ist die Forschung an hESCs zwar prinzipiell erlaubt, unterliegt aber strengen Auflagen. Die Generierung neuer hESC-Linien ist hierzulande in jedem Fall verboten. Außerdem besteht bei hESCs – wie bei allen allogenen Transplantaten – immer die Gefahr, dass diese vom Immunsystem als fremd erkannt und abgestoßen werden.
Ein potenzieller Nachteil autogener Zelltransplantationen ist, dass die zur Gewinnung der dopaminergen Neuronen verwendeten Fibroblasten dieselben Mutationen aufweisen, die diese Zellen im Mittelhirn anfällig für Morbus Parkinson machen. Allerdings bedeutet eine solche Anfälligkeit nicht zwangsläufig auch eine Erkrankung: Trotz genetischer Prädisposition funktionieren selbst Parkinson-Neuronen 50-60 Jahre lang ausreichend gut. Davon abgesehen ist die erbliche Veranlagung nur einer von vielen Faktoren, die das Auftreten und den Verlauf von Morbus Parkinson beeinflussen. Die Ätiologie dieser Erkrankung ist zwar trotz jahrzehntelanger Forschung noch nicht abschließend geklärt, aber genetische Faktoren spielen wohl nur in der Minderheit der Fälle die ausschlaggebende Rolle. Eine andere Sorge betrifft die Generierung der iPS-Zellen als Zwischenschritt zu differenzierten Neuronen: Um Fibroblasten zurück in iPS-Zellen zu verwandeln, verwenden Forscher üblicherweise retrovirale Vektoren, mit deren Hilfe sich die Transkriptionsfaktoren Oct-4, Sox-2, Klf-4 und c-Myc exprimieren lassen. Diese Kombination aus vier Transkriptionsfaktoren versetzt die Fibroblasten zurück in einen pluripotenten Stammzellzustand – allerdings bleiben bei dieser Methode aufgrund der Integration der Vektoren virale Sequenzen im Genom zurück. Es besteht daher die Gefahr, dass es zu einer malignen Transformation kommt. Eine Lösung wären Viren, die sich mittels Cre-Rekombinase wieder aus dem Genom ausschneiden lassen, episomale Plasmide und nicht in das Genom integrierende virale Vektoren.
Als eierlegende Wollmilchsau wird sich auch die autogene Stammzelltherapie nicht erweisen können, denn das wesentliche Kennzeichen von Morbus Parkinson ist zwar der Nierdergang dopaminerger Neuronen und der damit einhergehende Verlust motorischer Fähigkeiten, andere Krankheitsmechanismen spielen aber ebenfalls eine Rolle: Nichtmotorische Symptome wie Schlafstörungen, autonome Dysregulation, Hyposmie, Abbau kognitiver Fähigkeiten und Depression zeigen, dass Morbus Parkinson eine komplexe Erkrankung ist, die sich auf weite Teile des Nervensystems auswirkt. Hieraus ergibt sich, dass manche Patientengruppen stärker von Transplantationstherapien profitieren könnten als andere. Besonders geeignet scheint die Therapie für jüngere Patienten ohne kognitive Beeinträchtigungen zu sein, die sich in einem frühen Krankheitsstadium befinden. Außerdem scheint die Wahrscheinlichkeit für eine Transplantations-induzierte Dyskinesie (graft-induced dyskinesia, GID) zu steigen, wenn der Patient vorher an einer L-Dopa-induzierten Dyskinesie (LID) gelitten hat. Neue klinische Studien wie TRANSEURO konzentrieren sich daher auf solche Patienten, die am stärksten von einer Transplantationstherapie profitieren könnten.